von Markus Golletz (Kommentare: 1)
Bußgeld aus dem Ausland
Wenn nach dem Urlaub Post kommt ...
Unangenehme Post aus dem Ausland erhalten nicht nur Autofahrer. Viele von uns sind beides und daher diese News:
Einen dezidierten Ratgeber zum Thema Bußgelder in und außerhalb Europas hat der Verband für bürgernahe Verkehrspolitik e. V. (VFBV) über seine Webseite Bussgeldkataloge.eu herausgegeben.
Unsere Fragen, zu wie viel Prozent Bußgeldbescheide mittlerweile in Deutschland durchgesetzt werden, wurde wie folgt beantwortet:
VFBV: Am 28.10.2010 trat der EU – Rahmenbeschluss zur Geldsanktions-Vollstreckung in Kraft. 2013 ist zudem die EU – Richtlinie zur „Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte“ hinzugekommen. Somit ist es allen Mitgliedstaaten der EU erlaubt, überall Zugriff auf die Daten des Fahrzeughalters zu erlangen und das Bußgeld zu vollstrecken. Eine Ausnahme bildet Griechenland, da dort der Rahmenbeschluss noch nicht durchgesetzt wurde. Dort wird das Bußgeld noch nicht vollstreckt. In Italien gilt der Beschluss erst seit 27. März 2016. Bußgeldbescheide aus dem Nicht-EU-Ausland sind hingegen nicht rechtskräftig.
Italiener erproben autonomes Fahren: kann aber teuer werden
Bußgelder werden in Deutschland ab einer bestimmten Höhe vollstreckt. Diese muss in der Regel mit Bearbeitungs- und Zustellungsgebühren mindestens 70 Euro betragen [dieser Betrag ist im europäischen Ausland selbst für falsches Parken schnell erreicht]. Eine Ausnahme bildet lediglich Österreich, wo bereits ab 25 Euro vollstreckt wird. Der Bußgeldbescheid sollte aber unter keinen Umständen einfach ignoriert werden. Nur die Bußgeldbescheide aus dem nicht europäischen Ausland sind in Deutschland wirkungslos. Das vollstreckte Bußgeld bleibt in Deutschland und geht nicht an das Urlaubsland. Aus diesem Grund gibt es Länder, die nicht vollstrecken lassen.
MR: Sollte man auf einen zugestellten Strafzettel aus dem Ausland generell reagieren oder erstmal abwarten? Dazu gibt es auch bei der Rechtsauskunft des ADAC unterschiedliche Meinungen.
VFBV: Wird ein Verstoß ignoriert, kann das doppelt so teuer werden, da die Rabatte auf das Bußgeld verfallen. Gezahlt werden muss in jedem Fall. Wer nicht zahlt, riskiert ein Inkassoverfahren. Dies wird in Deutschland vollzogen. Sobald das Bußgeld 70 Euro (außer Österreich 25 Euro) beträgt, wird in jedem Fall auch ein Verfahren eröffnet. Im schlimmsten Fall kann auf das Ignorieren eines Bußgeldes auch eine Haftstrafe folgen.
Wer nicht zahlt, geht nach Einschätzung des ACE nur ein geringes Risiko ein. Da es sich um ein Nutzungsentgelt handelt, müsste Nivi Credit das zuständige Gericht bemühen und einen Prozess anstrengen. In einem solchen Rechtsstreit würden sich unter Umständen schwierige Fragen des internationalen Rechts stellen. Angesichts der geringen Streitwerte und des ungewissen Solvenzrisikos, wird Nivi Credit dieses Risiko nach Einschätzung des ACE kaum eingehen."
[Quelle: Bußgeldkatalog.biz zu säumigen Mautgebühren ]
MR: Unsere Erfahrung ist, dass bei den eintreibenden Ländern eine Menge schieflaufen kann. Teilweise kommen Strafzettel oder Inkasso-Briefe mit jahrelanger Verspätung – oder entsprechen nicht immer den rechtlichen Vorschriften (Thema: Verfolgungsverjährung und Vollstreckungsverjährung). Daher unser Tipp: Den Ratgeber lesen und sich ggf. beim Anwalt schlaumachen. Oder eben ausprobieren, was geht. Wir haben damit keine schlechten Erfahrungen gemacht.
ADAC: Normalerweise ist der Bußgeldbescheid auf Deutsch. Ist das Schreiben hingegen in italienischer Sprache verfasst, wird das Bußgeld, wenn es nicht bezahlt wird, in Deutschland nicht vollstreckt. Grund: Wer die italienische Sprache nicht versteht, weiß nicht, was ihm vorgeworfen wird und wie er sich gegebenenfalls wehren kann. In Italien selbst bliebe er aber vollstreckbar."
Kompliziert, aber hilfreich fanden wir auch diesen Artikel auf Anwalt.de (Avvocato Davide Cuocolo) darüber, ob und wann man Strafzettel aus Italien zahlen sollte und welche Strategien Behörden in Zusammenspiel mit der Inkassofirma Nivi Credit SpA auffahren:
... Folglich sind Bußgeldbescheide, die per Einschreiben in Deutschland an deutsche Staatsangehörige verschickt werden, nichtig." [ ...] und "Wenn Sie also in der Vergangenheit einen Bußgeldbescheid erhalten haben und diesen nun anfechten wollen, sollten Sie es besser vermeiden, die Nichtigkeit des Bescheids mit einem verspäteten Einspruch geltend zu machen, da Sie in einem solchen Fall auch das gegenteilige Ergebnis erzielen könnten, d. h. der Richter könnte entscheiden, dass die Nichtigkeit geheilt wurde."
Informationen
- Broschüre Bußgeld aus dem Ausland (pdf)
- Info: Verband für bürgernahe Verkehrspolitik e. V.
- Halterhaftung und Fristen (fuhrpark.de)
- Blogbeitrag von Torsten Schober zum Thema
Kommentare
Kommentar von Tobias Müller |
Danke für die Informationen zu Bußgeld aus dem Ausland. Mein Bekannter arbeitet mit einem Anwalt für Bußgeld zusammen und ist sehr interessiert an der ganzen Sache. Sehr interessant, dass Bußgeld mindestens 70 Euro betragen muss. LG
Antwort von Markus Golletz
Hi Tobias,
Die Rechtslage ist meist herauszubekommen, aber wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, hat man noch eine Menge an Möglichkeiten. Ich war selbst auch betroffen und habe ganz gute Erfahrung gemacht mit Abwarten, Teilbeträge zahlen oder auch mit der Verweigerung von zusätzlichen Inkassogebühren. Bei mir kam dann nichts mehr. Auch wenn andere das anders sehen, man kann es mal probieren.
Markus
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