von Markus Golletz (Kommentare: 0)
Christopher Many
Irgendwo hinter dem Horizont

Christopher Many und Laura Pattara wurden hier zuletzt 2016 rezensiert, nun gibt es zwischen den Reisen von Christopher ein neues Buch im Eigenverlag, das von der 2024er-Reise über die arabische Halbinsel handelt:
"Ein altes Postauto, zwei rastlose Vagabunden und eine Reise auf die Arabische Halbinsel. Christopher und Laura sind seit Jahrzehnten unterwegs. Kevin, ein altes, gelbes Postauto, ist ihr derzeitiges rollendes Zuhause. Steigen Sie ein und lassen Sie uns losfahren – dieses Mal von Europa über den Iran und den Irak in den Oman und nach Saudi-Arabien."
Diesmal geht es um eine Autoreise, ja eher um ein Leben unterwegs. Denn Christopher und Laura haben die Zelte überwiegend abgebrochen in Europa, sie sind in der langen Zeit des Unterwegsseins zu Nomaden geworden. Das bedeutet, keine feste Adresse mehr, kein zu Hause, außer dem fahrbaren Kevin, das bedeutet alle Systeme und Freundschaften auf mobil umzustellen. Das bedeutet aber auch maximale Unabhängigkeit, geringe Fixkosten und unterwegs sein zu können, wo immer man mag und es möglich ist.
Kind seiner Zeit
Bei der Lektüre fällt auf, dass jeder ein Kind seiner Zeit ist. Im Falle Christophers einer der Generation X, die im Allgemeinen durch ihr Alter eine Menge Lebenserfahrungen haben, aber auch nicht bereit sind, jeden Trend mitzumachen. Christopher beschreibt das in vielen Kleinigkeiten, z. B. dass er gut damit umgehen kann, dass Kevin, der Mercedes Bus nicht viele technische Helferlein braucht, sondern dass er vielmehr damit umgehen kann, dass alte analoge Fahrzeuge auch so reagieren, wie man es gelernt hat. WYSIWYG, sozusagen – analog.
Auch die Orte, selbst im Oman, die 'Rummel' und Tourismus bieten, werden von den beiden gemieden. Zustande kommt daher zwar auch ein touristisches Bild, aber auch eines, das keine Allgemeinplätze der Reihe nach behandelt. Geplanter Zufall, Erlebnisse kommen dabei heraus, die sich nicht planen lassen.
Reisen mit wenig Geld – kein Problem
Man könnte Christopher auch als Lebenskünstler beschreiben, der sich auf dauerhaftes Unterwegssein eingestellt hat. Seine Reisephilosophie als Autor finden wir in der Rezension sehr interessant: Mit wenig Geld weit kommen, Ruhe und authentische Orte wechseln sich ab, so wie es mit einem gelben Post-Mercedes möglich ist. Viel scheint möglich auf der arabischen Halbinsel, manchmal spricht er davon, dass Gastfreundschaft quasi von den Oligarchen verordnet ist. Der Oman spielt dabei eine besondere Rolle. Es wird als ein liberales Land mit schönen Küsten, interessanter Wüste, aber auch ausgesprochen islamischer Lebensweise, mit dem Kafala System. Hier geht es um eine Art Gastarbeit, die mit Bürgschaft und Kontrakt überschrieben ist und den 'Gastarbeitern' Beschäftigung, allerdings keine vollständigen Bürgerrechte garantiert. Missbrauch und Menschenrechtsverstöße sind bekannt, führen aber zu wenig Veränderung.
Nine Eleven fährt mit
Christopher stellt auch politische Zusammenhänge dar und wirft Fragen auf, wie man sie, wenn man vor Ort ist, in den Kopf bekommt: warum zum Beispiel wurden nach dem Attentat vom 9.11.2001 keinerlei Sanktionen gegen Saudi-Arabien verhängt, wenn 15 der 19 Attentäter aus diesem Land kamen? Stattdessen, das ist bekannt, wurde ein Krieg gegen Terror gegen ganze Länder, Afghanistan und den Irak geführt. Der Ausgang und die Opferzahlen sind bekannt. Die Begründung, warum im Waffen- und Wirtschaftspartner-Land der USA, Saudi-Arabien gänzlich verschont blieb, muss man sich selbst erdenken.
Die Schönheit der bereisten Länder scheint stark abhängig von der Priorität des Naturschutzes, ergo aber auch, wie lange der letzte Krieg zurückliegt. Am Schwarzen Meer beklagen die Reisenden die extrem gestiegenen Fährpreise, aber auch den aktuell extremen Bau-Boom zwischen Trabzon und Samson. Im Nordirak tobt das Leben, aber ob Bagdad oder auf an den Rändern der Landstraßen türmen sich stinkende Müllberge und die Folgen des Golfkrieges sind längst nicht beseitigt.
So erfährt man hier echte und intensive Eindrücke, keine schön gefärbten Reiseführer-Erlebnisse und Bilder: Das Buch ist in SW gehalten, hat einen relativ unspektakulären Fotoanhang und einen Buchsatz (Blocksatz), der leider mäßig lesbar ist, weil er auf Trennungen verzichtet. Das tut der überaus kurzweiligen und informativen Lektüre aber keinen Abbruch.
Bibliografische Daten
Selbstverlag; ISBN-13: 979-8341320703 (die nicht unbedingt zu Treffern führt: Wo die Bücher gedruckt werden, ist ganz unterschiedlich. Wer aus Deutschland ein Exemplar bestellt, erhält meist ein Buch von Amazon Polen, Italien oder Frankreich.
435 Seiten, November 2024
Taschenbuchausgaben (UVP): 17,99 € / 18,99 $ / 14,99 £
Kindle-Ausgaben (UVP): 9,99 € / 9,99 $ / 9,99 £
(Leider nur bei Amazon)
Über den Autor: Analog und etwas introvertiert
Christopher Many, geboren 1970 in New York, ist ein Weltreisender und Autor. Seit 1997 hat er drei Weltumrundungen unternommen und nun sein 3. Manuskript („Links“, „Rechts“ und „Irgendwo“, jeweils in mehreren Sprachen) veröffentlicht.
- 1997-2000: Mit dem Motorrad "Puck" von Deutschland über Indien nach Neuseeland
- 2002-2010: Mit dem Land Rover "Matilda" durch 100 Länder
- 2012-2016: Erneut mit "Puck" und seiner Partnerin Laura Pattara von Deutschland nach Australien
Nach sechs Jahren im Ausland kehrte er 2018 kurz nach Deutschland zurück, um einen Mercedes 308D zu kaufen und Europa zu erkunden. Mit über 28 Jahren Reiseerfahrung (2025 – 1997 = 28) plant Many möglicherweise eine vierte Weltreise: nach Nordamerika. Seine Bücher sind in mehreren Sprachen und Formaten erhältlich, einschließlich Braille-Schrift für Sehbehinderte.
Zu den bekannten Motorradbüchern gehören "Hinter dem Horizont links" (2011) und "Hinter dem Horizont rechts" (2016) und "Irgendwo hinter dem Horizont", das hier besprochen werden soll. Tatsächlich ist Christopher professioneller Reisender, d.h. er lebt das, was er macht, ohne doppelten Boden, ohne Meldeadresse in Deutschland und ohne Verbindlichkeiten. Daher reichte bisher das Honorar der Bücher überwiegend für die Finanzierung der Reisen und als 'Lohn' für die Schreibarbeit. Die nächste Reise 2025 soll die beiden nach Nordamerika führen.
Rezension aus Tourenfahrer 2016:
"Auf knapp 500 Seiten beschreibt der Autor die Erlebnisse auf der 48.000 Kilometer langen Reise, die von München über die Seidenstraße bis nach China, das er individuell ohne offizielle Begleiter bereisen durfte, und weiter nach Bali führte. Von der indonesischen Insel verschifften die Reisenden ihr Motorrad »Puck« nach Australien, um den roten Kontinent ausgiebig zu erkunden." Der TF berichtet auch über eine Chinareise 2014: Chinareise: 60 Tage dauerte die und es wurden 2000 € für 2 Personen ausgegeben.
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