von Markus Golletz (Kommentare: 1)
Interview mit Daniel Rintz | Somewhere else together (Film)
3 Jahre on Tour
Motorradreisefuehrer.de: Daniel, wo ist nun euer neues Zuhause?
Daniel Rintz: Wir sind in Dresden, da habe ich auch die letzten 18 Monate am Film gearbeitet. Josie arbeitet wieder fest.
M. R.: Ich hatte den Film gesehen. Kompliment, sehr gelungen, an jeder Stelle spannend und sehenswert. Ab Südafrika beschreibt ihr eine Art Kipppunkt, ihr wolltet dann nach Hause?
Daniel: Danke für das Kompliment. Ja, wir merkten nach Angola, in der Zeit als wir in Kinshasa waren und nach Brazzaville über den Kongo übersetzen wollten, dass die Reise auch anstrengend war. Josies Motorrad musste repariert werden, wir hatten wenig Erholung und ersehnten die Zeit, wo wir alles aufarbeiten konnten. Wir haben sonst auf der langen Reise regelmäßig Ruhepausen eingelegt, sind für ein paar Wochen an einem Ort geblieben, um uns für neue Abenteuer bereitzumachen. In Zentralafrika wäre das besonders nötig gewesen. Dort haben wir uns aber gegen eine Ruhepause entschieden, weil die Lebenshaltungskosten (für alle, die ihr Essen nicht selbst im Dschungel jagen ;o) extrem hoch gewesen sind. Die Infrastruktur für einen Nebenjob sah auch nicht so gut aus. Dazu kamen in Kinshasa die deutliche psychische und physisch Ansage des Körpers, etwas zu ändern. Deshalb die Entscheidung, mit verbleibender Energie und Ressourcen etwas direkter als gewohnt nach Europa zurück.
Das kommt im Film gut rüber, die Reise läuft dann auch irgendwie schneller. War euch klar, wo ‚Zuhause‘ sein würde?
Es gab schon Überlegungen, Träumereien – aber es war uns schnell klar, dass wir ein vertrautes Umfeld und eine gute Arbeitsumgebung gebrauchen würden. In erster Linie waren alte Freunde, Kollegen und die Stadt Dresden dafür verantwortlich, das wir wieder ein Umfeld fanden um uns nach der Reise neu zu kalibrieren. Es folgte für mich u. a. die Filmproduktion und für Josie wieder ihre Festanstellung als Planerin im Bereich 'Erneuerbare Energien'.
Frage aus dem Publikum: »Wie findet man nach so einer Reise eigentlich zurück ins Leben? Antwort Daniel: Ich finde es eigentlich umgekehrt. Ich fühle mich weniger lebendig, wenn ich jeden Tag das gleiche mache.«
Wir war das Filmschneiden, produzieren, das nacherleben?
Ich habe fast alles selbst gemacht, daher die lange Zeit (gut 18 Monate). Neben Editor und Praktikantin waren auch die Musiker und der Komponist sehr wichtig. Es gab Unmengen an Material für den Rohschnitt zu bewältigen.Von Anfang an war mir klar, des es eine Reisedokumentation werden sollte, da ist nichts dazugekommen. Zuerst mussten wir uns über Grundlegendes im Klaren werden, eine Dramaturgie stricken, eine Kulmination. Storyboard, Filmclips, Transkriptionen. Der Film ist dann ein Abbild von dem geworden, was wir erlebt haben. Eine Menge Arbeit. Ein Filmverleih hat dann zugesagt.
Wird es denn auch ein Buch geben?
Ja, wir haben das bei Indigogo versprochen und das wird nun auch folgen. Das Geld für die Film- und Buch-Post-Produktion kam so teilweise zusammen.
Viele fragen immer danach, wie ihr das so hinbekommen habt mit Reisen und Jobben. Was sagst du dann?
Für einige mag die Antwort unbefriedigend sein und Antwort ist auch individuell unterschiedlich. Es kommt weniger darauf an, was die eigene Profession ist, es kommt eher auf die eigene Einstellung an, sage ich dann meist.
Wir waren quasi drei Jahre zu Besuch, das haben wir erst wieder gemerkt, als wir zu Hause waren.
Oft haben wir auch wenig lukrative Arbeiten angenommen, um dann und währenddessen in Kontakt zu kommen und bessere Jobs zu bekommen. Digitales Arbeiten am Computer etc. ist zwar ein Vorteil, aber nicht alles. Schätzungsweise waren es 50 % Jobs, die man überwiegend am Computer erledigen konnte. Josie hat sich übrigens die ganze Zeit um die Open-Explorer Webseite gekümmert – ich war mehr für die Job-Akquise zuständig. Es ist auch nicht unterwegs, überall gleich einfach oder schwer, Arbeit zu finden.
Zum Beispiel in Afrika?
In Afrika ist die bekannte Schere zwischen Arm und Reich besonders groß. Auch in den verschiedenen Teilen wie Ost-Süd- oder West-Afrika. Es funktionierte dann auch da über Kontakte und das ‚weitergereicht werden‘. Aber wir hatten es in Afrika dann ja auch eiliger vorwärtszukommen …
Trennst du die Autoren- und Journalisten-Arbeit vom Privaten?
Nein, ich bin irgendwie 100 % dabei, es gibt da wenig Trennung.
Wie schätzt du die Motorradreise-Szene ein, bei den Filmvorstellungen ist ja ein viel weiter gefächertes Publikum dabei?
Ich schätze grob 50–50. Ich war selbst überrascht. Altersmäßig sind viele um die 20 unter den Gästen, aber auch die Gruppe über 60 ist dabei. Das freut uns. Viele suchen Inspiration oder haben auch Fragen zur Reise und suchen aktuelle Reisetipps – Erfahrungen und Einschätzungen. So genau kenne ich die Motorrad-Szene aber nicht. Das Motorrad war von Anfang an das beste, geeignetste Reisemittel. Und wir waren lange weg aus Europa. Ich hatte unterwegs Kontakte zu Clubs, zu Sponsoren, etc. Das Verbindungsglied scheint mir der Spaß am Reisen zu sein.
Wie habt ihr es unterwegs mit dem (wild) Zelten gehalten? Ja nach Land ist das wohl sehr unterschiedlich?
Beim Zelten gilt für uns die Regel: Entweder wir zelten so, dass alle wissen, dass wir da sind, oder wir zelten so, dass uns keiner findet. In Afrika haben wir oft den Chief des Dorfes gefragt, wo wir zelten können. Wenn er es uns erlaubt hat, hat er automatisch Verantwortung für uns übernommen. Es hat sich rumgesprochen, alle wussten, dass wir da stehen. Wir waren sicher. Das gilt auch für Südamerika, man kann die Polizei oder die Feuerwehr, oder den Pastor fragen … Oder man zieht sich so weit in die „Pampa“ zurück, dass man Nachts definitiv keinen Besuch bekommt, weil man eh nicht gefunden wird.
Was steht als Nächstes an?
Weitere Kinovorstellungen, ein Auftritt beim Touratech Travel Event 2020 Mitte Juni. So einiges. Trotzdem ist auch vieles offen, wie es weitergeht. Das wird sich schon ergeben. Den August über organisiere ich noch eine Motorradtour in den Himalaya nach Indien. Es gibt bereits fünf Anmeldungen und die Flüge sind bereits gebucht. Es sind noch Plätze frei!
Für welche Magazine habt ihr unterwegs etwas geschrieben?
Artikel waren in: MOTORRAD (Ride, unterwegs), Bike-Magazin (GB), ATV Rider, (US), den Touratech Katalog und deren Travel-Time Magazin, RoadTrip Magazin (engl.), Tourenfahrer, Craftrad, Ride-On, Adventurebikerider, aber auch Tageszeitungen wie die Dresdener MoPo, etc.
Wie war es unterwegs mit dem Pflegen der aufwändigen Open-Explorer Seite?
Das war Josies Job und die hat sie regelmäßig gepflegt, Fotos bearbeiten, hochladen, zweisprachige Texte schreiben.
Was waren eure nützlichsten Ausrüstungsgegenstände beim Reisen / Campen / Fotografieren unterwegs?
Ich kann keine konkreten Empfehlungen aussprechen, aber es war klar, dass wir einen Benzinkocher dabeihaben, ich glaube von MSR. Dann stehen wir auf Daunenschlafsäcke, beim Zelt war es nicht so wichtig, da differieren höchstens mal die Vorstellungen von der Größe. Nur das Mesh-Innenzelt aufschlagen war nicht immer eine gute Idee, oft gab es doch ein paar Tropfen in der Nacht. Lieber ein gutes Zelt mit großen Eingängen, die man offenlassen kann.
Leichtluftmatratzen mit Isolierung wie die von Exped haben sich bewährt, wichtig auch die Sonnenbrille, Stirnlampe und ein Sonnenhut. Das brauchten wir quasi jeden Tag.
Anziehsachen: Die Zweibeltechnik war die richtige für uns und bei den Fotos haben die spiegellosen Vollformatkameras der Sony Alpha / Reihe gute Dienste geleistet. Die waren klein und relativ leicht. Fotografiert haben wir fast nur mit Zoomobjektiven, weil das Risiko beim Objektivwechsel Dreck in die Kamera zu bekommen, zu groß war. Nikon und Canon haben heute ähnlich gutes im Programm. Das technische Equipment hat bestimmt 50 % unseres Gepäcks ausgemacht, daher musste zumindest einer von uns einen Zweizylinder fahren.
Daniel, vielen Dank für diese Einblicke!
Bitte, ich habe zu danken.
Kommentare
Kommentar von Peter M |
Motorrad- und sonstige "Abenteuerreisende" gibt´s wie Sand am Meer.
Viele von ihnen haben ihren "großen Auftritt" bei YouTube, Facebook, Instagram und Co.
Die Meisten produzieren nur mit Verlaub "langweiligen Mist, aber einige wenige sind auch richtig erfolgreich. Allein hier in Köln mindestens drei.
Wichtiger als die Reise selbst ist wie man sie präsentiert/vermarktet.
Da muss es dann aber schon gleich herausragend sein... der höchste Pass, die längste Straße, die gefährlichste Reise... aus einem verstauchten Knöchel wird der fast gebrochene Fuß, aus einem dämlichen Umfaller mit dem Mietroller ein #Motorradunfall/Krankenhaus/verletzt!
Wenn man vor der Reise Erfahrung als Red./Journalist hat und die entsprechenden Verbindungen... ein Riesen-Vorteil.
Wenn man dann noch gleich Sponsoren am Start hat und eine fette Reisekasse... perfekt.
Zu zweit Reisen ist ein Riesen-Vorteil. Einer fährt, der andere filmt!
Oder man hat gleich ein komplettes Filmteam mit Begleitbus und Motorrad-Anhänger... da kann man dann auch bequem von einem Drehort zum anderen... ;-)
Sieht man ja fast nicht im TV und immer ohne Handschuhe fällt auch keinem auf!
PS: Natürlich bin ich neidisch! ;-)
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