von Markus Golletz
Neues Moto Guzzi Werk
Neue Wege und Hallen: Moto Guzzi Jubiläum 2021/22
Der 100ste Geburtstag ist eigentlich gehörig ins Wasser gefallen, stattdessen gibt es am Comer See gigantische Pläne für ein neues Werk. Das alte in Mandello ist gehörig in die Jahre gekommen, alte Hallen wurden abgerissen und das elektrische Zeitalter steht vor der Tür. Was sollte die italienische Traditionsmarke, heute im Piaggio Konzern, besseres machen, als durchzustarten.
Ums durchstarten geht es auch in dem Video zur neuen Moto Guzzi V 100, die ein Jahr nach dem Jubiläum, 2022 erscheint und zuvor auf der EICMA in Mailand am 23.11.2021 vorgestellt wird. Ihr Motor ist eine Neukonstruktion mit linksseitigem Kardan und satten 1000 Kubik.
Für den Neubau des Werks wird sich der berühmte Architekt Greg Lynn bemühen, es geht dabei um Erhaltung und Neugestaltung der historischen Moto Guzzi Produktionsstätte, samt Museum, die sich an einem ‘innovativen amerikanischen Industrie-Design’ orientieren soll. Ziel soll es sein, so die Presseabteilung, “die Produktionskapazitäten für die Zukunft zu erhöhen, sowie das Werk zu einem Zentrum und einer Begegnungsstätte für die Moto Guzzi Community, für Fans und Touristen aus aller Welt zu machen.” Am Werk sollen Freiflächen entstehen, eine Piazza könnte man sagen, die die geselligen Treffs der Moto Guzzi Gemeinde zu einer ansehnlichen Pilgerstätte aufwerten sollen.
Der Istzustand in Mandello del Lario
Lynn schlägt Vokabeln wie Ökologie, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung an, den es sollen möglichst viele intakte bestehende Gebäude modernisiert und umgestaltet werden. Auch von einer Erweiterung der Produktionskapazitäten ist die Rede. Restaurant, Konferenzräume, das alles muss auch typisch italienisch werden. Derzeit beginnen die Vorarbeiten, mit einer Fertigstellung rechnet man schon Anfang 2025.
Infos
- Gregg Lynn Website
- Moto Guzzi Website
- Guzzi Geburtstag 2022 (Feierlichkeiten)
- MR testet demnächst den Kumpan Electric Roller 54i:gnite
Die Piemontesische Zeitung La Stampa berichtet dazu noch folgendes:
Lynn Entwürfe (Quelle: La Stampa, Moto Guzzi)
Die Produktionskapazität verdoppelt werden, bis zu 40.000 Motorräder pro Jahr wären dann möglich. Bisher arbeiten dort, teils saisonal, 280 Arbeitskräfte.
“Wir wollen der Fabrik eine Seele geben, die nicht mehr nur ein Arbeitsplatz, sondern auch ein lebenswerter Ort sein wird.” ist dort zu lesen und die Öffentlichkeit ist für Veranstaltungen höchst Willkommen, sagte der Leiter für Entwicklung und Innovation der Piaggio-Gruppe Michele Colaninno. Die Neubauten werden unter Nutzung bestehender kubischer Formen und Flächen, mit Photovoltaikanlagen und mit nachhaltigen Materialien errichtet. Weiter sagte Michele Colaninno, Moto Guzzi sei bei bester Gesundheit, rechne weiter mit Rekordverkäufen und man werden in Mandello und in Italien bleiben. Gleichwohl betont er, die ersten schwierigen Jahre als Marke und Teil der Piaggio-Familie. Dabei ging es darum, ein Werk vor dem Abgrund zu retten.
Tradition statt Innovation?
Wir meinen nach unseren zurückliegenden Besuchen, das Moto Guzzi zwar bei den eingefleischten Fans bekannt ist, aber in Deutschland lange Jahre ein Mauerblümchendasein führte. Moto Guzzi stand dabei nicht vorrangig für Innovation, sondern Tradition.
Starke Märkte waren immer die USA und Italien, zuletzt aber auch schwindend. Viele (mittlerweile aufgekaufte) Italienische Marken setzen mehr auf Innovationen, holten sich aber chinesische Investoren ins Boot, die wie QJ bei Benelli, erst die Produktion und da auch die Designabteilungen nach China verlagerten. Man darf also gespannt sein, wie es mit der Produktion von z. B. Motoren bei Moto Guzzi weitergeht.
"Als wir 2003 anfingen, war Piaggio ein Unternehmen mit Sitz in Italien. Heute ist es ein multinationales Unternehmen mit Werken in Indien, wo wir den Apen und Zweiräder produzieren, Vietnam und China. Diese Produktionsstätten wurden geschaffen, um die lokalen Märkte mit den Rollern Vespa, Piaggio und Aprilia zu bedienen." (Roberto Collanio (77), Piaggio Präsident und CEO)
Dazu verlautet im besagten La Stampa-Artikel aber, das man sich zukünftig “voll und ganz dem Elektrosektor verpflichtet fühle”
Was das für Moto Guzzi bedeutet kann nur eine Metamorphose sein, die V100 macht es in den Anfängen deutlich, das man sich anfängt zu häuten.
Auch in Italien geht man davon aus, dass es spätestens ab 2030 kaum noch Verbrenner-Zulassungen geben wird.
Daher hat Piaggio das Stammwerk in Pontedera (neben dem künftigen Neubau in Indonesien) schon ganz der e-Mobility gewidmet. Hier arbeiten bisher 3700 Menschen (weltweit 7000) und von hier aus begann vor 130 Jahren die Produktion von Piaggio. Bekannt wurden besonders Vespa und Ape, (Wespen und Bienen) die bis in die 80er Jahre dort gebaut wurden. Die Ape Produktion wurde später nach Indien verlagert.
In Pontedera wird heute das teure und elektrische Premium-Segment produziert: 140 Millionen und weitere 450 Mio. sollen bis 2024 zur Modernisierung in das Werk fließen. Nicht nur in Italien, auch anderswo rüstet man sich für den Paradigmenwechsel in der Verkehrs- und Klimapolitik.
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