von Markus Golletz
Italobike bald Chinamotorrad?
Made in EuroChina
Kommen in Zukunft immer mehr italienische Motorräder aus China? Betamotor hat neuerdings Zontes (Tayo Motorcycle) unter Vertrag CFMoto ist zu 49% von KTM übernommen worden, künftig werden die 790er Motoren und folgende dort gefertigt werden. Zhongshen ist Motorenhersteller für Piaggio-Produkte und aktuell bzw. in Zukunft auch bei Harley-Davidson und Norton im Gespräch. SWM wird geführt vom Shineray-Konzern, der auch Mash-Motorräder herstellt, jüngst auch eine 650er Dirt Track mit Honda Dominator-Lizenz-Motor mit rund 40 PS.
Die großen chinesischen Hersteller wie Loncin oder Zhenjiang Qianjiang Motorcycle (QJ) beliefern seit Jahren BMW, Benelli oder Harley-Davidson. Letztere überlegen noch, groß einzusteigen. Eigentumsverhältnisse ändern sich schnell, wie im Falle von Benelli, Moto Morini, oder Husqvarna/SWM. Selbst Honda stellt bei Jialing und Yamaha bei Jianshe her. Bereits eit 2007 wurden die 650er BMW Einzylinder bei Loncin gebaut, neuerdings hat der schwächelnde Edelbike Hersteller MV Agusta Absichten, bei Loncin italienische Zweizylinder fertigen zu lassen. Was würde Claudio Castiglioni dazu sagen? Wird jeglicher lokal Kolorit den Wirtschaftsliberalismus geopfert oder ist es ein Überlebenskampf?
Die SWM Gran Milano 440 (Euro 3) ist noch günstig zu bekommen. Das China Bike funktioniert, hat aber kein ABS
Im Tourenfahrer 2 2020 sind noch mehr von diesen Italienisch-, Japanisch-, Chinesischen Jointventures beschrieben, es gibt kaum noch eine italienische Marke, die nicht in China einkauft, oder eingekauft wurde.
Loncin DS 8 Adventure mit (Ex-)BMW G 650 Motor (2017)
Die Loncin CR9 oder wie 2017 vorgestellt, die DS 8 Adventure mit G-650er Motor ist eine Überraschung, die vielleicht wieder nach Europa schwappen könnte. Doch wo ist eigentlich der Husqvarna TR 650 Terra Enduro Motor, der auf den G-650 Singel basiert? Das italienische Motorrad mit (erstmalig mit ABS) ging damals 2013 in der Konkursmasse zwischen BMW, KTM, Shineray und Zupin unter und verschwand. Schade eigentlich.
QJ-Benelli Trek 502 Bestseller in Italien: 100% made in China
Auch der schwächelnde Hersteller Moto Morini wurde nach mehreren Rettungsversuchen (MR berichtete) jüngst von der Zhongneng Vehicle Group übernommen. Mit Erfolg, denn so konnten zumindest das Motorenkonzept von Franco Lambertini vorerst gerettet werden. Firmensitz, bleibt zunächst noch in Italien, von Benelli ist nur noch das Centro Stile übrig in Pesaro.
Die Behauptung, das einige chinesische Hersteller 'nur kopieren' ist nicht von der Hand zu weisen, wie am aktuellen Zontes-Modell, z. B. der T 310 eindrücklich zu sehen ist (Bild oben). Vielleicht ist sie aber kein schlechtes Motorrad deswegen. Beta vertreibt Zontes seit 2019 und bietet damit aber anscheinend attraktive und preisgünstige Motorräder an.
Genaugenommen ist kopieren und weiterentwickeln ein ganz normaler wissenschaftlicher Akt, solange man dabei einige rechtliche Gegebenheiten berücksichtigt...
Für den Bau gelungener Motorräder war es bisher immer wichtig, dass in einem industriellen oder handwerklich geprägten Umfeld eine ambitionierte Belegschaft zusammen kam und mit etwas Forschungs-Gabe und Ingenieurskunst ein am Markt gefragtes Bike bauten. Nun droht die Sinn-stiftende Fertigungstiefe abzuflachen, denn wenn zukünftig 'Bikes Made in Italy' dort maximal zusammengeschraubt werden, dann fehlt es an Identifizierungspunkten. Lokaler Kolorit und der Tradition des italienischen Motorradbaus blieben auf der Strecke. Führende Hersteller schaffen es mit einer entsprechenden Marketing- und PR-Strategie diesen Punkt zu überspielen. Genaugenommen waren es sogar BMW und KTM, die als erstes asiatische Märkte erschlossen. Da stört es dann nicht, wenn die Bayrischen Motorenwerke schon seit den Nullerjahren Motoren bei Loncin fertigen ließen (BMW G 650 Enduro). Ob Triumph seinen Union Jack auf Motorräder aus Thailand klebt, bayrisches Blau-Weiß auf eigentlich komplett in China gebauten Motorräder (F 850 GS, etc) klebt — all das scheint dann auch nicht mehr so wichtig, wenn es die Großen tun und entsprechend vermarkten. Es ist aber durchaus eine Verblendung, den man spätestens, wenn man den anvisierten europäischen Preis bezahlt, bemerkt.
Wird gerne ausgeblendet
Von Wohlstands-Chauvinismus sollte kaum die Rede sein, denn obwohl japanische Motorräder in den '70 Jahren den europäischen Markt eroberten und anfänglich über Nippon-Bikes ähnlich abfällig geredet wurde, gehören sie heute fest zum Motorrad-Kulturerbe. Dennoch ist einiges anders: Damals waren es die japanischen Hersteller, heute sind es Europäische, die sich günstige Fertigungskapazitäten in fernen Ländern sichern. Wie steht es dort nur mit Umweltstandarts-, Menschenrechten und fairer Bezahlung? Dazu findet man weniger Aussagen.
Nebulös: wo wird die Moto Morini Milano denn nun hergestellt?
Ein neuer Stern am italienischen Motorrad-Himmel ist die 2014 gegründete Firma Energica die zu 100% auf Elektromotorräder setzt — jüngst mit der Energica Ribelle. Sie scheinen das Dogma der schnellen Verbrenner brechen zu können, erhöhen die Reichweite und brechen alle Speed-Rekorde. Wenn da nicht noch das Problem mit der schnellen Ladung und nachhaltiger Haltbarkeit wäre. Vielleicht bekommt man auch das bald in den Griff.
Quo Vadis also italienischer Motorradmarkt?
Global Player wie BMW Harley-Davidson, Honda, Yamaha, KTM, Norton oder Piaggio haben ihren Claim bereits abgesteckt. Bei der Aufzählung wird schnell klar, dass es sich längst nicht nur um italienische Hersteller handelt. Wie eigentlich immer, haben die großen der Branche bereits zuerst reagiert. Wir sind gespannt was Ducati, Moto-Guzzi, Aprilia und andere in nächster Zeit unternehmen werden. In den 125ern von Aprilia, Zündapp, Mondial, KSR etc. steckt jedenfalls schon der gleiche 125er Motor von Zongshen. Doch viele Italienische Marken sind fragiler als die großen Europäer, sie werden einfach gekauft oder übernommen. In Italien herrscht derzeit Ausverkauf.
- BMW's erstes Outlet in China / Shanghai, 'Make Life a Ride'| (bikeundbusiness.de)
Kommentare
Kommentar von Peter M |
Warum nicht?
Nachdem die Industrie bei uns dazu übergegangen ist, Wegwerfprodukte herzustellen, weil langlebige Produkte sind ja schlecht für´s Wachstum...
Da kann man auch gleich billige Chinesische Produkte kaufen...
Außerdem war unsere Industrie ja so "schlau", den Chinesen zu zeigen, wie man annehmbare Qualität produziert. Das haben sie jetzt davon... Gier frisst Hirn.
Die in den letzten 30 Jahre hergestellten China Motorräder 70-200 ccm waren ja auch nur schlechte Nachbauten von Kreidler, KTM, Zündapp und Co.
Die Maschinen (Konkursmasse) hatten sie ja schon... ;-)
Antwort von Markus Golletz
Moin Peter!
Ich habe den Artikel ja an Italien aufgehängt. Da fällt es besonders auf, die Namen verkauft werden. Bei einigen Herstellern war es aber auch eine Hilfe. Husqvanra Italien wurde von BMW und KTM im Regen stehen lassen, bis die 300 Restbeschäftigten zusammen mit Shineray und dem Namen SWM ein Fortbestehen möglich machten. Übrigens bewusst mit einer chinesichen Produktlinie (Classic Modelle) und einer europäischen (Enduros). Mehr dazu hier.
Benelli wurde schon recht früh von QJ gekauft und bis 2009 wurde noch im Werk in Pesaro produziert. Wir waren selbst da.
Mit Moto Morini ist es ein Trauerspiel, italienische Firmen haben es nicht geschafft, die Marke zu retten. Und nun fängt die immer wieder schwächelnde edel Marke MV Agusta auch an, die Produktion auszulagern.
Qualität können vor allem Loncin, Lifan und sicherlich auch die indischen Produktionsstätten der großen Europäer, nur zu welchem Preis? Aktionäre stecken sich die Taschen voll und scheren sich noch nicht so viel um Arbeitsbedingungen und Klima / Umwelt. Schön weit weg ist auch alles. Man kann nur an intelligente Motorradfahrer appellieren, da mal nachzufragen ...
Kommentar von Klaus |
Ich brauch mal Hilfe... Kann das mal jemand übersetzen (Ich werd echt alt):
Die ist in der großen Chinesen ist lang vergessen sollte man auf keinen Fall liefern und Loncin oder Zhenjiang Qianjiang Motorcycle (QJ) die auch von Benelli und Harley beliefert werden.
Antwort von Markus Golletz
Ganz und gar nicht Klaus!
Danke dir, da ist mir beim Formatieren etwas Makulatur mit rein gerutscht...
Ich habe den Artikel nun überarbeitet, sorry, das war wirklich unlesbar.
Besser so?
Markus
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