von Markus Golletz (Kommentare: 1)
'Lärmpause' Weserbergland 2024?
Streckensperrungen zur kommenden Saison
Die Motorradsaison 2024 verspricht im beliebten Weserbergland nichts Gutes für Motorradfahrer. Auf Initiative der SPD-, CDU-, FDP-, Bündnis 90/Die Grünen- und UWG-Kreistagsfraktion sollen zahlreiche Strecken an verschiedenen, einzelnen Wochenenden samt Freitagen und Feiertagen pauschal für Motorräder gesperrt werden.
Update April 2024: Die Lärmpause tritt nicht zum 1. April 2024 in Kraft, Grund dafür sind erhebliche Proteste und eine Überprüfung seitens des Nds. Verkehrsministeriums.
Update 2/24: Ab dem 16.02.2024 bietet der niedersächsische Landtag auf seiner Homepage nunmehr Biker und Bikerfreunde zur Unterzeichnung der Petition. Den dazugehörigen Link stellen wir mit der Veröffentlichung der Petition zur Verfügung. 5.000 Unterschriften werden bis zum 30.03.2024 benötigt, um die Anliegen der Motorradfahrer in das Parlament bzw. den Fachausschuss zu tragen.
Update 1/2024: Laut einer Beschlussvorlage wurde bei der Kreistagssitzung 26.1.24 das Modellprojekt 'Lärmpause' in abgeschwächter Form beschlossen. Vom Tisch ist im Landkreis Holzminden zumindest die Einführung einer verschärften Variante des österreichischen Tiroler Modells. Hier sieht man keine gesetzliche Grundlage. Auch die innerorts-Geschwindigkeitsbeschränkungen sollen für alle Verkehrsteilnehmer gelten. Die Ottensteiner Kurven könnten dann an einem Sonntag pro Monat (April bis Oktober) mit Tempo 40 befahren werden. Bei den Lärmpausen sollen Ausnahmen für AnwohnerInnen gelten. Demnach wird die Lärmpause monatlich auch verkürzt. Ursprünglich war ein Wochenende Fr- bis So angedacht. An der beschlussfassenden Sitzung des Kreistages in Holzminden nahmen ca. 200 Biker und Betroffene teil.
In einem Brief von April 2023 wendet sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) an den Holzmindener Landrat Michael Schünemann:
»Das niedersächsische Umweltministerium hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beauftragt, ein Pilotprojekt zu Maßnahmen gegen Motorradlärm durchzuführen. Der Landkreis Holzminden ist dafür prädestiniert.« heißt es darin.
Es werden darin im Wesentlichen Fahrverbote für Motorräder ausgesprochen, die jeweils an bestimmten Tagen zwischen April – Oktober (Lärmpause 2024) gelten sollen. Damit wäre die Befahrung der entsprechenden Strecken (Serpentinen von Brevörde, Ottenstein, Ortsdurchfahrt Grünenplan, Delligsen, Lauenförde, Golmbach und Rühler Schweiz sowie Neuhaus im Solling) für Motorräder, auch für die ‚leisen‘, nicht mehr möglich. Möglicherweise stehen auch radikalere Maßnahmen an.
In der Sitzung des Holzmindener Kreistages am Montag, 26.06.2023 wurden die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Modellprojekt ‚Lärmpause‘ der DUH vollumfänglich beschlossen. Darunter fallen auch Verkehrsschilder und Blitzer, wie der neue bei Würgassen, der in der kurzen Zeit über 1000 Bußgelder und 30 einkassierte Führerscheine einbrachte.
Das Konzept dahinter stützt sich auf Umfragen und Klagen und orientiert sich zum Teil an Tiroler Modell, über das wir bereits berichten, allerdings mit 90 statt 95 dB(A).
Wir haben die DUH um Stellungnahme gebeten. Unserer Meinung nach wurden die Belange von Motorradfahrenden wenig berücksichtigt, geschweige denn wurden Motorrad Interessenverbände an dem Vorhaben beteiligt. Nun stehen wir aber in Verbindung.
Es werden an den entsprechenden Wochenenden und Feiertagen eine Mehrheit von konformen Motorradfahrenden benachteiligt. Wir haben auch die Inhaber der Motorrad-Villa Löwenherz (20.000 Übernachtungen pro Jahr) dazu befragt, die nichts gegen Lärm- und Tempo-Kontrollen haben und sogar ein Tiroler Modell unterstützen würden. Ein zeitlich begrenztes, generelles Durchfahrverbot ist für sie aber inakzeptabel. Wir lassen uns nicht unterkriegen, ist bis dahin das Motto der Löwinnen und Löwen.
Sehr geehrte […],
Wir haben gerade von der nach DUH-Modell beschlossenen Lärmpause im Weserbergland für das Jahr 2024 gelesen und würden gerne über die Beweggründe und die Umsetzung berichten. Auf unserer Webseite Motorradreisefuehrer.de testen wir auch Elektromotorräder und berichten über Wissenswertes aus der Motorradszene.
Nun interessiert uns bei dem DUH-Konzept, wie Sie Gerechtigkeit herstellen wollen.
Der Geschichte der Streckensperrungen für Motorräder wohnt ja immer auch das Problem inne, dass eine Mehrheit der konformen Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer kollektiv abgestraft oder in ihren Rechen beschnitten werden.
Können Sie uns an dieser Stelle erklären, wie FahrerInnen von Elektromotorrädern und jene, die ganz legale (Verbrenner-) Fahrzeuge mit entsprechend Typ-genehmigten Auspuffanlagen bewegen, in den besagten Landkreisen an den betreffenden Wochenenden von A nach B kommen können?
Herzlichen Dank,
Markus Golletz
Redaktion Motorradreisefuehrer.de
Antwort nach der Veranstaltung:
Tatsächlich werden alle Zweiräder betroffen sein, es sei denn, sie kommen wegen der geringeren eingetragenen Lautstärke durch die Beschränkungen des ‚Tiroler-Modells‘. Ob das Tiroler Modell überhaupt in Deutschland anwendbar ist, bleibt strittig. Während die DUH sagt, die vorgeschlagenen Maßnahmen seien lediglich Vorschläge, kam bei der Veranstaltung heraus, dass der Holzmindener Kreistag die Maßnahmen schon beschlossen hat. Ausgang: unbekannt.
Die Veranstalter eines Fachtages zum Thema Motorradlärm (s. u.) bieten uns eine Teilnahme an der Paneldiskussion am 27.10. an, die wir gerne annehmen. Dabei könnten auch die oben genannten Fragen beantwortet werden. Der Bundesverband gegen Motorradlärm (in Kooperation mit der Deutschen Umwelthilfe) wird vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz mit 100.000 € in ihrem Anliegen unterstützt. In der Erklärung dazu heißt es, es geht um Vernetzung und Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Wir fordern hingegen einen weiteren Fokus, der Verkehrslärm generell in die Kritik stellt und gemeinsam mit den Beteiligten Lösungen erarbeitet, anstatt pauschal Motorradfahrende ins Visier zu nehmen.
Veranstaltung
Motorradlärm-Fachtagung und Paneldiskussion: Freitag, 27. Oktober, 10 – 15 Uhr, Werkhof Hannover, Schaufelderstraße 11, 30167 Hannover
Anmeldung zur Veranstaltung: motorradlaerm.de/paneldiskussion/
- Nachbericht über die Fachtagung vom Veranstalter
- Initiative Schräglagenfreiheit (Lars Böhler) zu der Vergabepraxis der Förderung (Motorradfahren ist kein Verbrechen) Kradblatt 12/23 S. 38
- demnächst hier: Petition von Motorradverbänden an den Nds. Landtag zum Modellprojekt Lärmpause im Landkreis Holzminden
- Infos vom BVDM über das aktuelle Verfahren
Nachberichterstattung und Vernetzung
Hier die ersten Meldungen der Teilnehmenden und Betroffenen:
Karten von Streckensperrungen und 'Lärmmelder' der TAZ
Untenstehend: Streckensperrungen laut BVDM
darunter: Lärm-Hot-Spots in Deutschland laut Verband Motorradlärm und TAZ (nicht verifiziert)
Kommentare
Kommentar von Michael Frieß |
Hallo zusammen,
Auch ich finde die "Extremlärm" produzierenden Motorradfahrer rücksichtslos und absolut fehl am Platz. Nur ist eine Beschränkung auf max. 90 dbA Standgeräusch (Österreich 95 dbA) derart überzogen, dass selbst in Fahrt ruhige und über 5 Jahre alte Tourenmotorräder (die kauft man sich alle paar Jahre neu !!) von dem Verbot betroffen wären. Ferner sollte die Zufahrt zur Villa Löwenherz durch ein Zusatzschild explizit freigegeben sein, denn sonst nimmt man den Betreibern ihre Existenzgrundlage und den Urlaubern ein schönes Ziel - und alles nur, wegen ein paar "einzelner", für die dann "alle anderen" büßen dürfen ??? PS: was ist mit lauten "PS-Junkies" auf 4 Rädern ? - Die stören nicht ? - Gleichbehandlungsgrundsatz !!!
Allzeit gute, ruhige und sichere Fahrt !
Michael
Antwort von Markus Golletz
Danke für deinen Kommentar. Im Prinzip sehen wir das auch so. Nur die eine Seite ist von Ministerium alimentiert und wir werden nicht ernsthaft mit einbezogen. Dazu wird es in Kürze eine Petition an den Nds. Landtag geben.
Viele Grüße,
Markus
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