von Markus Golletz (Kommentare: 1)
Offroad fahren in Italien deutlich eingeschränkt
Schluss mit lustig? Offroad in Italien 2022
Der Gesetzestext ist schwer zu verstehen, klar ist nur, das vielen Bauern, Naturschützern und Waldbesitzern dass das ungefragte Befahren ihrer Territorien mit Offroadfahrzeugen zunehmend auf den Geist geht. Italien hat ein Dekret vom 28. Oktober auf den Weg gebracht, das quasi allen außer Autorisierten, Einsatzfahrzeugen oder Instandhaltungsfahrzeuge mit Sondergenehmigungen das Offroadfahren verbietet. Mit der Veröffentlichung im italienischen Amtsblatt am 1. Dezember (gültig ab 16. Dezember) hat so das Dekret Wirksamkeit erhalten. 2018 (Decreto Nr. 34 vom 3. April) hatte Italien begonnen, dem zunehmend wilden 4×4 und Endurofahren entgegenzutreten und das Forst- und Bergstraßen ohne fester Oberfläche für den normalen Verkehr gesperrt, bzw. ausschließlich nur für 'Traktoren, Lastwagen und Arbeitsmaschinen, Rettungsfahrzeugen oder Fahrzeugen, die für die Wartung zuständig sind oder mit Sondergenehmigungen ausgestattet sind reserviert. Anders als das Gesetz von 2018, das "vorbehaltlich der kommunalen Genehmigung" in Kraft trat und damit die üblichen Grauzonen der italienischen Bürokratie anspricht, gilt dieses Gesetz nun unmittelbar und betrifft auch nicht motorisierte wie Mountainbiker und Mountainbikerinnen.
Widerspruch gab es von den Motor-Verbänden genug, aber alle Fristen sind nun abgelaufen, der neue 'Offroad-Paragraf' gilt in ganz Italien.
Betroffen sind alle Wege und 'Mulatiere' (Saumpfade), die schmaler als 2 Meter fünfzig sind, also keine offiziellen Straßen sind. Diese Wege und Verbindungen sind ab sofort passé für nicht Autorisierte, vor allem aber für Fahrzeuge jeglicher Art. Das auch MTB's darunter fallen, das kann man tatsächlich daraus lesen, weil auch jeglicher 'normaler Verkehr' fernbleiben soll und zwar zum 'grundlegenden Schutz der Lebensqualität'. Das ist natürlich Quatsch. Mann hofft also darauf, das ein Schreiben beispielsweise des Landwirtschaftsministeriums, mehr Klarheit bringen könnte, welche Wege und welche Fahrzeuge tatsächlich und mit verständlichen Sinn betroffen sein könnten.
Der Ligurische Grenzkamm und die zahlreichen Militärpisten der italienischen Alpen sind davon vorerst nicht betroffen, wenn sie nicht sowieso schon reglementiert sind oder eben schmaler als 2,50 Meter sind.
Die Italienischen Verbände FMI und ANCMA arbeiten bereits daran, diese Regel zu korrigieren. Unterschriften wurden an die zuständigen Minister Stefano Patuanelli, Dario Franceschini sowie Roberto Cingolani übermittelt. Die Verbände fürchten Schäden im Tourismus, Gastronomie aber auch bei Freizeit- und Sportaktivitäten und rechnen auch mit Problemen in den Lieferketten. Es wird sogar eine Verfassungsklage erwogen, weil es 'Freizügigkeit und Interessenabwägungen' geben müsse. Die zuständigen Stellen reagierten schon, bestätigten, dass das Dekret keine Neuerungen in Bezug auf die Nutzung von expliziten Forststraßen enthalte und verweisen auf die Zuständigkeit der betreffenden Regionen, dies doch genauer zu publizieren.
Zum einen erscheint die Lage verständlich, besonders wenn motorisierte Fahrzeuge in sensible Naturzonen eindringen, zum anderen auch übertrieben, wenn so jegliche Freizeit-Aktivitäten, ob motorisiert oder mit MTB von allen Fahrwegen ferngehalten werden. Kein Verständnis haben wir auch in der Redaktion für wildes Endurofahren. Dann, wenn die Natur nur als Parcours wahrgenommen wird, wenn die alpine Grasnarbe unter den Enduroreifen durch die Gegend fliegt, wenn eindeutig ausschließliche Wanderwege in den Alpen oder Mittelgebirgen in sportlicher Weise befahren werden. Doch das entdecken und erleben der Natur, möglichst emissionsarm, sollte erlaubt bleiben. Dazu gehört auch sinniges Mountainbike-fahren oder bedachtes Endurowandern.
Wir bleiben dran und halten euch mit den Entwicklungen auf dem Laufenden.
Kommentar:
Viel Rauch um nichts?
Für mich hört sich das nach einer Überbewertung der neuen Regelung an. Wenn schon die zuständigen Behörden postulieren, dass es grundsätzlich keine Änderung zu bestehenden Regelungen geben wird (auf Forststraßen hatten schon immer die Forstpolizei Forestale das Sagen). Wenn regionale Behörden auf deren (zukünftige) Regelungen verweisen, dann ist es möglich, dass es in letzter Zeit vermehrt zu Missbrauch von diesen Strecken gekommen ist. Sicher auch bedingt durch die vielen Umweltschäden, durch die häufiger werdenden Klimakatastrophen, den Klimawandel und daraus resultierenden Umleitungen über eben diese kleineren Forststraßen.
Im Royatal beispielsweise mussten wir über einige 4 × 4 Straßen ausweichen, nur um über die Landesgrenze zu kommen. Dafür wurden bestehende Regelungen außer Kraft gesetzt, um eine Notlösung zu ermöglichen. Italien ist bekannt dafür, dass das Verkehrszeichen 250, auf solchen Strecken eher einen Haftungsausschluss bedeutet, nicht 'Durchfahrt verboten'. Das Gesetz könnte also auch eine Gegenbewegung sein zu der notgedrungenen Liberalisierung der letzten Monate und eine Mahnung an jene, die skrupellos jeden Naturraum mit Motorkraft durchpflügen wollen.
Markus Golletz
- Gesetzestext (gazzettaufficiale.it)
- MOTORRAD zu dem Offroad Verbot
- Diskussion auf Buschtaxi.org
- Info Video moto.it (Italienisch)
- La Stampa vom 16.12.21
- Unterschriftensammlung gegen das Gesetz (Change.org, hier wird eher auf den Wirtschaftsfaktor Enduro-Tourismus und ‚Freizügigkeit‘ eingegangen, als auf die Überbeanspruchung der Natur).
- Stellungnahme des ital. Landwirtschaftsministeriums vom 16.12.2021
Kommentare
Kommentar von Peter M. |
Moinsen!
Da sich das Gesetz auch explizit an Fahrradfahrer richtet, dürfte von denen auch das größte Problem ausgehen. Mit einem modernen/teuren E-Bike (MTB) ist es kein Problem, die steilsten Wanderwege in den Bergen herauf zu fahren. Anschließend mit Karacho ins Tal und noch lautstark "aus dem Weg" schreiend!
Enduro fahren kann man ja auch noch in Spanien und Portugal.
Nationalparks sind übrigens auch in Südamerika grundsätzlich für Endurofahrer gesperrt! Auch wenn die "inszenierten Hochglanzfotos" professioneller Motorrad-Reise-Selbstdarsteller einen anderen Eindruck vermitteln! ;-)
Oder die "gestellten" Cover-Fotos in den üblichen Hochglanzmagazinen aus dem Motorrad-Reise-Einheitsverlag!
Antwort von Markus Golletz
Auch Moinsen!
Ich bin dabei die Problemlage in Italien noch weiter auszuloten. Das wäre ja gut, die Intention des Gesetzes zu verstehen. Obwohl ich glaube, das man wieder den Italienfaktor mitdenken muss: Man soll wirklich keine unerlaubten Wege oder querfeldein fahren. Legales gibt es genug.
Lieben Gruß und guten Rutsch,
Markus
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