Mobiltelefone auf Reise
Welche Mobiltelefone besonders für die Motorradreise geeignet sind, soll dieser Test klären. In Frage kamen nicht nur sogenannte Outdoortelefone, sondern auch Smartphones für Technikverliebte. Dazu die äußerst praktischen Geräte für 2 SIM Karten und Handys, die mit einem GPS Sensor ausgestattet sind. Leider gibt es bisher kein Gerät, das alle diese Kategorien vereint.
Dieses Telefon würde etwa so aussehen: Es wäre ein Outdoor-Smartphone mit offenem Android Betriebssystem und AMOLED Display. Es hätte verschiedene Energiesparoptionen und auf der Rückseite neben der Kamera ein paar Solarzellen, wie zum Beispiel das Pumaphone. Im Inneren gäbe es einen leistungsfähigen Akku und Slots für mindestens 2 SIM Karten. Die äußere Hülle wäre robust, schlagabsorbierend und überwiegend wasserunempfindlich. Zur Not könnte man diese Hülle auch durch eine weniger aufwändige ersetzen. Die Satellitennavigation im Stile von Google oder OVI Maps (nur ohne dass ständig Onlineanbindung bestehen müsste) wäre ebenfalls installiert. Bei der Eingabe von Texten ginge das neue Phone andere Wege. Denn fast alle Eingabemöglichkeiten sind sehr umständlich, verglichen mit einer vernünftigen Tastatur. Nur die braucht Platz und den gibt es an einem kompakten Telefon nur begrenzt.
Getestet wurden eine Auswahl an Outdoor-, Navigations-, und Smartphones der Hersteller Sonim, Nokia, Samsung und HTC.
Die Kriterien
Navigation
Zum Thema Navigation stehen die internetgestützte Google Navigation mobile (beta) samt Sprachführung (GN) (für Samsung Galaxy I 7500, HTC Legend) und die Nokia OVI Maps zur Disposition. Die Funktionsprinzipien sind unterschiedlich, die Navigation beiderseits auf hohem Niveau. Google ist auf den Smartphones von Samsung und HTC meist schneller, Google benötigt aber eine ständige Internetverbindung beim Abrufen der Karten und der Berechnung. Anders die OVI Maps, die, nachdem sie erst mal ein Kartengebiet geladen haben, auch ohne Netzverbindung eine Route vorschlagen können. Leider fielen bei einer 50 km Navigation mit GN 5,00 EUR Downloadkosten an. Die GN ist also nicht praktikabel ohne eine Datenflat. Die GN wurde erst vor kurzer Zeit für Android-Telefone freigegeben.
Übrigens lassen sich kapazitive Touchscreens auf dem Motorrad nicht ohne weiteres mit Handschuhen bedienen. Ohne Spezialhandschuhe hat man kaum eine Chance. Deswegen sollte zur Navigation alles vorangestellt werden. Desweiteren bietet der Markt kaum geeignete Halterungen (Ausnahme: iPhone) für den Motorradgebrauch.
Outdoor
In dieser Kategorie erwartet man ein langes Durchhaltevermögen, Robustheit & Wasserfestigkeit, etwas Multimedia, vielleicht ein funktionierendes GPS oder einen Kompass und eine Taschenlampe. Gespannt sind wir, wann endlich das erste Telefon mit Flaschenöffner gelauncht wird . Eigentlich sollten alle Mobiltelefone Outdoor tauglich sein, denn ursprünglich wollte man nur mobil und draußen telefonieren, oder? Edle Handtaschengeräte mit großen, aber zerbrechlichen Screens sind beinahe das Gegenteil von dieser Vision.
DualSIM
Diese dritte erwünschte Fähigkeit zum Motorradfahren und auf Reise bieten nur wenige Telefone, das Samsung B5722 hat die DualSIM Funktion, bei der beide SIM Karten parallel erreichbar sind. Das kann hilfreich sein, um teure Roaming-Gebühren zu sparen, bzw. um Arbeits- und Privatnummer in einem Gerät zu kombinieren.
Die Ladegerät-Misere
Das alle Mobiltelefone mit einem standardisierten Netzteil mit Micro-USB Anschluss ausgeliefert werden, müssen wir uns noch bis 2012 gedulden. Im Jahre 2010 hatte auch jeder der Testkandidaten (und zum Teil auch die Handys desselben Herstellers) verschiedene Schnittstellen und damit verschiedene Ladegeräte.
Einzeltests
Sonim XP3.20 Quest Pro
Ein Vertreter dieser Kategorie ist fast schon ein Baustellen- oder Unterwasser-Handy: Das unzerstörbare Sonim XP3.20 Quest Pro. Man könnte mit dem Display aus Gorilla-Glas sogar Nägel in die Wand schlagen (kein Witz!), die Standby-Zeit beträgt mehr als 2 Monate und der Klingelton ist mit 58 dB geeignet, Tote zu wecken. Die Akkuabdeckung ist gar wasserdicht verschraubt! Leider hat das Telefon mit seiner derzeitigen internen Software das Problem, sodass es nur unwillig für das Internet zu konfigurieren ist. Und wenn das Sonim XP3.20 keinen Internetzugang hat, dann funktioniert auch das GPS nicht ordnungsgemäß. Die Versuche, das Sonim Handy mit Minutel, Simyo oder O2-SIM Karten zu einem Internet-Connect zu verhelfen scheiterten – wie leider auch in anderen
Testberichten zu lesen ist. Schade, doch für ein rettendes Firmware-Update ist es nicht zu spät.
Denn theoretisch können eine ganze Reihe von Anwendungen die GPS Daten auslesen. Java Anwendungen wie
amAze GPS oder
mgmaps sollen das GPS datenfähig machen.
Auch an der Tastatursperre sollte man hardwareseitig arbeiten, denn mit dem Druck auf die Taste 5 schaltet sich die Taschenlampe auch ganz gerne in der Tasche ein und saugt den Akku leer.
Vorerst bleibt das Sonim Quest Pro ein Telefon, mit dem man sich mehr als den halben Sommer auf eine Berghütte ohne Strom bestehen kann – und man kann ohne weiteres Werkzeug einen Nagel in die Wand schlagen.
SAR-Wert: 0,58 W/kg
Wertung:
(Abwertung wegen keiner Möglichkeit, das GPS und Internet zu konfigurieren)
Highlights: Standby Zeit, AGPS mit SIRF InstantFix (nicht getestet), Gehäuse, 3 Jahre Garantie
Smartphones mit Navigation: HTC Legend und Samsung I7500
Smartphones a la Galaxy oder Legend spielen in einer anspruchsvollen Liga. Zu begrüßen ist das sich schnell entwickelnde und offene Android Betriebssystem.
Das Samsung Galaxy I 7500 hat dabei wie das HTC Legend ein kontrastreiches und in der Theorie stromsparendes AMOLED oder organisches LED-Display: Sie haben einen höheren Kontrast und kommen mit weniger Hintergrundbeleuchtung aus. Allerdings gibt es so etwas wie einen ungleichmäßigen Alterungsprozess, der aber in einem Handyleben vermutlich nicht relevant ist.
An den Smartphones ist zunächst mal zu bemerken, das ihre Anwendung aufs effektivste miteinander vernetzt sind, was einem selbst datenschutztechnisch etwas unheimlich vorkommt. GPS und terrestrische Mobilfunkpeilung arbeiten zusammen und können den aktuellen Standort via
Google Latitude senden. Adressen werden von verschiedenen Internetaccounts fast unmerklich synchronisiert. Zwar kann der User bei Android immer konfigurativ eingreifen, in Sachen Datenschutz gruseln einem die Möglichkeiten des smarten Phones in der Westentasche schon sehr.
Viele dieser Anwendungen, insbesondere die gesamte Konnektivität mit 3G, UMTS, Bluetooth, WiFi-WLAN etc. brauchen eine Menge Energie. Dazu kommt, dass kaum eine Bedienung ohne das Touchscreen Display zu bewerkstelligen ist, was wiederrum energieintensive Hintergrundbeleuchtung benötigt. Kurzum: Das Galaxy I 7500 kann schon nach einem Tag leergespielt sein (wie übrigens auch das iPhone), das HTC Legend kommt wegen einer intelligenteren Steuerung (und 1300 LiPoly-Akku) und wegen der fortgeschrittenen Android-Version 2.1 Eclair (statt 1.5 beim Galaxy) bis zu 3 Tage mit einer Akkuladung aus.
Auch Android Betriebssysteme funktionieren mit dem Download von Applikationen, den sogenannten Apps. Im Android Market gibt es dabei eine große Auswahl (vom Kompass, über Thermometer bis hin zum Fahrplan), die sich auf den meisten Android Telefonen installieren lassen. Die Auswahl ist derzeit noch nicht so groß wie die für Macintosh-Nutzer, wächst aber mit der Verbreitung von Android ständig und wird alle anderen Systeme bald überholt haben. System- und Programmupdates kommen auch mit dem Android Market-Besuch, das ist sehr angenehm und unkompliziert: alles bleibt auf dem aktuellen Stand.
Die Bedienung des Samsung Galaxy geht insbesondere wegen der Direktzugriffs- und Softkey-Tasten am Gerät in Ordnung. Das erste Testgerät schaltete sich manchmal selbständig ab, das zweite hatte diesen Defekt nicht mehr. Ansonsten sind sich Legend und Glaxy I7500 bis auf die unterschiedliche Android Version recht ähnlich.
SAR-Wert: 0,607 W/kg
Wertung:
HTC Legend: Das Legend überzeugt mit der fortgeschrittenen Android Version 2.1, die es u. a. erlaubt per App die Konnektivität und Stromverbrauch sehr individuell einzustellen. Das Telefon mit einem Knick im edlen Aluminium-Gehäuse verfügt bei den Bedienelementen neben dem kapazitiver Touchscreen über einen optischen Trackball und 4 beleuchtete Tasten. Die Navigation läuft mit Google Maps/Navigation sehr zuverlässig, erfordert aber eine ständige Internetverbindung. Konfigurierbar ist das Legend mittels Android Apps, Kontakte werden wie beim Samsung Galaxy mit bestehenden Internetkonten a la Googlemail, oder Outlook synchronisiert. Einen Nachteil handelt sich das edle Legend bei der Sprachqualität ein. Die Hörerlautstärke ist zu gering und gelegentlich erscheint der Sound und die Gesprächsqualität sehr blechern. Im Market wartet man gespannt auf einen Equalizer, der dieses Problem behebt.
Das Telefon gefällt durch seine Handhabung, seine Konfigurationsmöglichkeiten und sein Design. Eine Geschmacksfrage bleibt nach wie vor die Bedienbarkeit, etwa mit großen Fingern, denn dann hat man am Bildschirm so manches Mal ein kleines Problem. Hilfreich ist die Queransicht zum Schreiben, weil dann alle QWERZ-Tasten etwas größer sind. Überfällig scheinen bessere Texteingabemöglichkeiten oder eben eine richtige Tastatur wie beim
HTC Desire Z. Zum Telefon lohnt es sich ein Silicon-Case zu kaufen, den Displayschäden sind relativ häufig.
Android™ 2.1 (Éclair) mit HTC Sense™ (aktuell: Android™ 2.2 (Froyo) mit HTC Sense™)
SAR-Wert: 0,565 W/kg
Wertung:
Fazit Smartphones:
An echten Bike- und Outdooreigenschaften können die beiden Geräte weniger mit Robustheit und Standzeit, aber vielmehr durch Funktionalität und Applikationen punkten. Es ist gut, immer eine (Bord-)Steckdose in der Nähe zu haben oder die Geräte nur dann einzuschalten, wenn man sie braucht. Dann ersetzen sie schon ziemlich gut einen kleinen Laptop. Navigation ist mangels Halterungen und Bedienbarkeit mit Handschuhen noch nicht ganz motorradtauglich. Die Möglichkeiten und die Handhabung der immer aktuellen Google Navigation/ Maps sind allerdings hervorragend. Zur Not lassen sich die Geräte zum Routing vorkonfigurieren und am Motorradtankrucksack befestigen, in der Hoffnung, das bis zum Ziel keine weitere Bedienung ansteht.
Einfaches Outdoorhandy von Samsung: E2370
Das E 2370 ist ein ähnlicher Dauerläufer wie das Sonim Quest Pro 3.2. Der Akku hält ähnlich lange, ein GPS ist nicht an Bord. Die Taschenlampe könnte etwas stärker ausfallen und auch die Abdichtungen des Gehäuses gegen Schmutz und Wasser. Das Gerät ist aber sehr leicht und lässt sich schnell und einfach bedienen. Schade nur, dass die Tastatur nicht beleuchtet ist. Das einfache Outdoorhandy mit Ausdauer. Die bessere Wahl für den Test wäre das
B2710 gewesen, das ähnliche Funktionen aber zusätzlich eine Wasserdichtigkeit und GPS Funktion zu bieten hat.
SAR-Wert: 0,408 W/kg
Wertung:
Dual-SIM Handy Samsung B5722
Der einzig DualSIM-Kandidat ist ein Telefon mit kapazitivem Touchscreen (zum Vergleich: die harte Oberfläche kann nur mit der Hand bedient werden), der lange durchhält. Bis zu 5 Tage waren mit einer Akkuladung zu realisieren. Dafür bietet der Telefon-Zwerg mit abegerundeten Ecken eine Menge nützlicher Features, wenn man denn 2 SIM Karten benutzt. Eine kleine Direktzugrifftaste an der Seite erlaubt das Umschalten zwischen den SIM Karten. Die Karten erkennt das Gerät selber. Da am Gerät sonst kaum Tasten vorhanden sind, ist beispielsweise die Bedienung der Mailbox schwierig: fordert sie einen zu einer Zahleneingabe auf, muss das Gerät vom Ohr genommen und umständlich eine Tastatur eingeblendet werden, etc. Sonst ist das Handling überwiegend unproblematisch, auch die Webanbindung funktioniert gut. Ähnlich wie bei den teureren Smartphones können sogenannte
widgets zur schnelleren Bedienung wahlweise auf einem der 3 Desktops abgelegt werden.
Besonders angenehm ist die DualSIM Funktion im Ausland, wenn man zum einen Roaminggebühren sparen und zum anderen eine inländische SIM Karte verwenden kann, ohne die Tasche voller Mobiltelefone (und Ladegeräte) haben zu müssen.
SAR-Wert: 0,685 W/kg
Wertung:
bis sehr gut
Nokia: Fast schon Smartphones mit eigener Navigation
Nokia 6710 Navigator
Das 6710 ist ein Slider mit Metallgehäuse, den man auch den Smartphones zurechnen könnte. Die geschützte Tastatur unterstützt dabei den relativ unempfindlichen Screen durch eine Menge Navigationstasten. Das 6710 ist flink und auch stromsparend im Internet unterwegs. Die Navigation beginnt mit dem Druck auf das OVI Maps Symbol, nach einmaligem Anlegen eines Benutzerprofils kann es losgehen. Die OVI Maps basieren auf einem hauseigenen Service von Nokia, den man 2009 nach der Übernahme des Kartenherstellers Navteq installierte. Nach dem Starten des Dienstes lädt das Telefon schon einmal auf Vorrat Kartensegmente herunter. Die Navigation funktioniert dann sehr gut und sprachgesteuert, benötigt auch keine permanente online-Anbindung. Das assisted GPS (A-GPS) des Gerätes findet die eigene Position schon durch die Senderpeilung und wird bei eingeschaltetem GPS-Signal sogar ziemlich genau. Durch die vorangegangene Erstellung des Benuterprofils (auch unter http://maps.ovi.com/) können am PC angelegte Routen auch auf dem 6710 Navigator genutzt werden. Ob man Google Navigation oder OVI Maps bevorzugt, bleibt Geschmackssache. Google Maps/Navigation hat die visionärsten Ansätze und die OVI Maps sind sehr gelungen und vom Routing her zuverlässig. GM kann zudem praktisch auf jedem Telefon mit Onlineanbindung benutzt werden.
SAR Wert: 1,03 W/kg (stark)
Wertung:
bis sehr gut
Parallel testeten wir das Nokia 5230 Navi, das mit derselben Autohalterung wie der 6710 Navigator geliefert wird. Auffällig ist die Frontansicht, die aus einem einzigen 640 x 360 Pixel (nHD) mit ‚taktiler Rückmeldung bei Bedienung‘ besteht. Obwohl nicht mit organischen LED betrieben, ist der Screen hervorragend hell und hoch auflösend. Sehr durchdacht ist die Bildschirmsperr-Taste, die seitlich einfach hochgezogen werden muss und nicht versehentlich (wie etwa beim Galaxy I 7500) bedient werden kann. Leider mussten beim Testgerät bei jedem SIM Kartenwechsel Uhr und Datum neu eingestellt werden. Die Akkuabdeckung macht keinen besonders soliden Eindruck, das Telefon ansonsten schon. Relativ hoch sind die Strahlungswerte (SAR) bei den beiden Nokia Testanten.
SAR Wert: 1,08 W/kg (stark)
Wertung: