Henning Klüver: Gebrauchsanweisung für Sardinen

Der verbreitete Dialekt Sardiniens sei das Schweigen, so beginnt der Autor seine Videoansprache. Doch dann löst er das Kommunikationsproblem selbst schnell auf: Klüver ist Kulturjournalist für die Süddeutsche Zeitung, mit einer Sardin verheiratet und regelmäßig auf Sardinien unterwegs. Auch wenn er die Sarden nicht (mehr) für so schweigsam hält, ist für ihn Sardinien die Insel der Gegensätze: geheimnisvoll von der Kultur, von den Einwohnern, von der Gastfreundschaft manchmal auch zurückhaltend. Bei Henning Klüver erfährt man in prosaischer Form Dinge, die man in normalen Reiseführern nicht erfährt: Dass es auch mal Morgennebel gibt, dass auf der Insel Tavolara jährlich ein Musikfestival stattfindet und dass die Suche nach dem schönsten Strand auf Sardinien einfach aussichtslos ist: es gibt einfach zu viele. Auch Gespräche mit Einheimischen gehören sonst nicht in das Repertoire eines normalen Reiseführers. Klüver schreibt über Politik und Wandel, über Literatur und Archaik, über Familien und Begegnungen.

In der Reihe ‚Gebrauchsanweisung für …‘ sind schon viele Liebeserklärungen formuliert worden und so scheint auch diese hier eine zu sein. Obwohl sich jedes Jahr eine Lawine von Sommerurlaubern und Sonnenanbetern über die Insel wälzt, bleibt die zweitgrößte Insel mit nur 1,6 Millionen Einwohnern ein Naturschauspiel, das sich zu bereisen lohnt. April bis Juni und der Herbst sind dabei zu empfehlen, im Juli und August wird es an den Stränden selbst auf Sardinien recht voll, nie aber zu voll. Grund ist, das liest man zwischen den Zeilen, dass Sardinien auch für Italiener einfach ein Traum und DIE Urlaubsinsel ist. Am Capo Coda Cavallo oder in der Gallura fällt das auch mal negativ auf, wenn man sich in reinen Ferienhaus-Kolonien verirrt hat. Aber Sardinien bleibt liebenswert, nicht umsonst hat Italiens größter Internetanbieter sich nach dem geheimnisvollen Nuraghendorf am Monte Tiscali benannt.


Nicht alles läuft super auf Sardinien, zum Beispiel machte 2012 die Region Salto di Quirra von sich reden, als bekannt wurde, dass dort im Südosten Sardiniens (Ogliastra) auf Europas größtem Militärübungsplatz Rüstungsfirmen und Militärs mit radioaktiver Munition und Kampfstoffen experimentieren. Von Uranmunition ist die Rede, von Explosionen und dass nicht nur gehäuft Tiere Missbildungen davon tragen, sondern dass auch signifikant häufig Menschen an Krebs und Leukämie erkranken.


Schlussendlich, ein Buch, das Hintergründe einfühlsam aufzeigt und Lust auf die Insel macht. Sie ist übrigens einer unserer speziellen Motorradtipps.

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