Spiegelloses Topmodel: EOS R5

EOS R5 Display
EOS R5 Display: schwenk- und klappbar

Der Modellwechsel hat längt stattgefunden: die aktuellen Top-Modelle haben keinen Spiegel mehr und hören bei der ständig wachsenden Sparte bei Canon auf den Kürzel EOS R. Die R5 ist das derzeitige Top-Modell. Wir wollten zuerst die R5 mit dem geringer auflösenden Sensor testen, da die nicht verfügbar war, ist nun die R5 mit ganzen 44 MP Auflösung dran. Die Kameras unterscheiden sich außer (erheblich) im Preis und in der Vollformatauflösung auch im den Auflösungen vom elektronischen Sucher und dem Display und bei Details am Gehäuse: Die R5 bietet zusätzlich ein Schulterdisplay und den CFexpress Slot, die R6 hat ein klassisches Moduswahlrad und 2 SD-Karten Schächte. Das die EOS 5D-Serie sich nun langsam ausschleichen wird, ist anzunehmen, denn schon werden erste Weiterentwicklungen, wie der überarbeitete Dual-Pixel-RAW-Modus, nur bei den R-Modellen angewandt. Eine EOS 5D Mark V ist nicht in Sicht auch keine EOS 7DIII. Doch entscheidend bleibt für uns, wie man das alles in gut Fotos umsetzten kann. Darum soll es hier gehen.


Test Ankündigung

Canon EOS R5

 

Autofokus und Belichtungsmessung

 

Völlig anders als bei DSLRs ist bei den Spiegellosen die AF-Steuerung. All Servo, One Shot, etc. sind nicht mehr per Direktzugriff zu finden, die AF einstellungen orientieren sich mehr an dem Kontrast- als an dem traditionellen Phasen-Autofokus, der auf mehrere tausend Einstellungsfelder zurückgreifen kann. Ob AF-C oder AF-S, die Frage ist ob Gesichter von Menschen oder Tieren getrackt werden sollen. One-Shot gibt es natürlich noch, wird aber zunehmend vernachlässigt, weil die modernere Technik schnell selbständig auf das Motiv fokussiert. Insofern kommt es zu einem Technologietransfer von der hoch entwickelten Smartphone-Fotografie zur DSLM Fotografie. Ein Artikel von Canon gibt Aufschluss über die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz. Canons Dual Pixel CMOS AF-Technologie kann Körper und Tiere erkennen, erkennt Gesichter auch ohne direkten Augenkontakt und fokussiert in der R-Klasse richtig schnell, das wenig Wünsche offen bleiben. Trotzdem kann (und sollte!) der Fotograf* jederzeit eingreifen, z. B. per Touchauslöser einen anderen Fokus wählen.

 

 

 

Spot- Integral- oder eine ausgewogene Belichtungsmessung bleiben erhalten. Der Spot ermöglicht auch bei sehr hellem Himmel sehr gute Aufnahmen von bewegten Objekten wie Vögeln. Die Kontrastmessung macht es möglich, das unglaublich feinfühlig in über 5000 Positionen scharf gestellt werden kann. Davon sollte man sich nicht blenden lassen, denn so genau kann kein Mensch bewusst von Hand scharf stellen. Man überlässt also der (smarten) Kamera hier etwas, was man in grauer Vorzeit noch optisch mit dem Schnittbildentfernungsmesser gemacht hat.

Die Belichtungsmessung und der Weißabgleich funktionieren einwandfrei, den Rest regeln die vielfältigen RAW-Einstellungen. Über die Individualfunktionen lassen sich die AF-Funktionalität noch individuell (z. B. in der Geschwindigkeit) einstellen. Deaktivieren sollte man die Belichtungssimulation, sonst hat man bei manuell-Aufnahmen meist einen schwarzen Sucher.

 

 

 

Bedienung

Die EOS R5 hat entsprechend dem Klassenstandart ausreichend viele Direktzugriffe. Geschmackssache ist Programmwahlrad oder Menü im Schulterdisplay, so wie es nur an der teureren R5 zu finden ist. Ich habe mich dabei beobachtet, das ich mich zunehmend auf die Automatiken beim Autofokus verlasse. Das ist von Vorteil, wenn man wirklich Gesichter scharf haben will, bei Motiven ohne Menschen macht man dabei aber einige Verrenkungen. Hier sind aber auch andere AF-Modi wählbar. Canon gibt dazu im Manual Tipps. Zusätzlich bleibt noch die Kontrast-AF Methode des Touchauslösers.

 

Gefälligkeit der Fotos, Weißabgleich, Preis

Ab 12800 ISO kippt der Weißabgleich ins Bläuliche, was nicht verwunderlich ist. Die Bilder haben eine Vollformat typische Schärfe, lassen sich punktgenau fokussieren und geben Stimmungen naturgemäß wieder. Es sei denn, man greift kreativ oder per Weißabgleich ein. Positiv und entscheidend für uns ist, das die Bilder gleich verwertbar aus der Kamera kommen. Sie sind zwar mit 44 MP meist viel zu groß (12-18 MB, bei normaler Kompression im JPG), erlauben daher Detailvergrößerungen sowie Schwenk- und Zoomeffekte im Bild. Die unbearbeitete Bildgefälligkeit ist für unsere Zwecke (Motorrad- und Reportage Fotografie) fast auf Niveau der EOS 1 DX Mark II und von uns knapp zwischen Sony Alpha 7 III und IV eingeordnet. Preislich zieht die R5 mit derzeit rund 4000 € für das Gehäuse an den 24 MP Kameras Sony Alpha 7 III (1600 €) oder Alpha 7 IV (2600€) haushoch vorbei. Die in vielerlei Hinsicht baugleiche 24 MP Canon EOS R6 ist hingegen für rund 2500 € zu haben. Auflösung hat hier also noch seinen Preis. Die R6 hat durch ihren größeren Pixelpitch von 6,54 µm im Vergleich zur R5 (4,4 µm) den Vorteil den höheren Lichtempfindlichkeit (IS0) 102.400) bei Dunkelheit.

 

 


LP E6NH und LP-E6N Akku

Eundurance

Durchhaltevermögen, tja, das ist einmal die Robustheit der Kamera, die wir als durchweg gut attestieren. Die Kamera ist nur halb so schwer (738g) wie eine EOS 1 DX Mk III (1520g) und nimmt daher bei gleicher Bauweise weniger Schaden. Motorradtransport und einen kleinen Runterfaller überstand die Kamera ohne Schaden. Was die energetische Leistung angeht, hat Canon zwar seitens des Akkus LP-E6NH (original 109 Euro!) um 14% die Kapazität (2130 mA) aufgerüstet. Es werden über 100 Minuten Video oder rund 490 Aufnahmen mit LCD Display Einsatz möglich. In der Praxis sind es meist doch weniger und es gibt eine relativ kurze Vorwarnzeit für das Ende, so dass man stets den Ersatzakku bereit haben sollte. Im Tankrucksack ist wieder Platz für ein weiteres Objektiv allerdings wird mir angesichts der Werte, die man herum trägt, immer ganz mulmig. Wer also nur 24 Mp braucht, ist mit der R6 besser bedient und schont seine Nerven.

Die Funktionalität des EOS R Adapters konnten wir leider mangels Verfügbarkeit in der Corona-Krise nicht testen. Er ermöglicht den Einsatz von Canon EF-, EF-S und Fremdobjektiven gleichen Anschlusses und soll die Bildergebnisse wegen des größeren Abstandmaßes nur wenig beeinflussen. Der Adapter besitzt ein Staub- und Spritzwassergeschützten Metall-Bajonett-Anschluss. Es gibt den Adapter mit und ohne zusätzlichen Steuerungsring oder mit Drop-In-Filter. Die Preis dafür: 100 bis 400 Euro.

 

 

Pro:

  • Fantastischer AF, unter allen Lichtbedingungen einsetzbar
  • akzeptable Objektivauswahl
  • kompakte Größe & Gewicht: 650 g, mit Akku: 738 g
  • ausgereiftes Bedienkonzept mit Schulterdisplay, Klapp- und Schwenkbaren Display und FV-Modus
  • Mehr Akkuleistung: Akku LP-E6NH
  • Kompatibilität zu EF- und EF-S-Objektiven mittels EOS R Adapter

Kontra

  • Preis für Body & Objektive High-End kostspielig
  • Akkulaufzeit, relativ plötzliches Aufgeben des Akkus ohne ‚Restbilder‘ Anzeige (wünschenswert)
  • Kein eingebauter Blitz, kein Stromsparmodus..., alte Blitzbuchse

 

 

Teststellung:

Canon EOS R5 Body (ca. 4000€), RF 24-240/4-6.3 IS USM 8ca. 880€), RF 600 F11 IS STM: Super-Tele mit fester Blende (ca. 840€), 320EX Speedlite (ca. 100€)

Kurztests:

RF 600 F11: ein relativ günstiges Vollformatobjektiv mit fester Blende: Gut geeignet für Tierbeobachtung, meist mit Stativ zu benutzen. Alle Funktionen des EOS R5/R6 Bodys können verwendet werden.

RF 24-240 4,6-6,3 IS: Gutes Universal-Zoom, das nicht alles aus der Kamera herausholt, aber durch den Zoombereich viel Schnappschuss-Sicherheit bietet. Damit haben wir die meisten Fotos gemacht.

Speedlite 320EX: leichter Blitz mit LED Filmlicht, geringe Leitzahl, aber schnell und unkompliziert einsetzbar. Erste Wahl für 'immer dabei'.

Vergleich:

  EOSR5 Nikon Z6
Direktzugriffe (FN) 14 14
Auflösung 44,7 24
Display schwenkbar ja nein
Bilder / Sekunde 20 12
Einstellung download - ja
Speicherkarte SD, QXD QXD
ISO max 51k 51k
AF Punkte

5940 Autofokus-Positionen

273
90%
Objektive verf.

20 RF-Lenses plus Adapter-Objektive

10 Z-Objektive

Fazit

Die R5 ist das neue Topmodell der Spiegellosen-Klasse. Diese ist bereit klassische DSLR Konzepte abzulösen. Doch es gibt Probleme. Ehemalige gut gehende Spitzenmodelle wie die 5D (mittlerweile Mark IV) liegen in der Fotoqualität ebenfalls ganz weit vorn. Das liegt zum einen an der größeren verfügbaren Objektivauswahl (Die R-Serie verlangt nach RF-Objektiven, deren Umfang derzeit stark im Wachsen begriffen ist). EF-Objektive gibt es ungefähr 10x mehr. Das andere ist, das nicht nur die reine Bildqualität über die Wirkung eines Fotos entscheidet, sondern auch der Moment und wie es aufgenommen wird. Hier verzeichnen klassische Konzepte (große ergonomische DSLR, optischer Sucher) tatsächlich auch noch Vorteile. Das ist sicher situationsabhängig, aber objektiv vorhanden. Langfristig wird mit der Canon R-Serie (Nikon: Z, Sony: Alpha) das Ziel erreicht, ausreichend Objektive für das geringeren Auflagemaß der DSLM Kameras herzustellen. Rein theoretisch ist mit diesem Maß eine Verbesserung der Fotoqualität möglich. Es gibt aber auch Stimmen, denen sind die DSLM Fotos schon 'zu clean'; zu wenig Rauschen, kaum Textur, KI rechnet im schlimmsten Fall Details und Unregelmäßigkeiten heraus (wie bei vielen Portrait-Einstellungen von Handys). Das mögen nicht alle Fotograf:innen.

Die Zeit und die Entwicklungen werden es zeigen. Denn noch sind die DSLR Preise stabil und sie liefern erstaunliches, wie Nikons D780 oder Canons vermutlich letzte APS-C DSLR EOS 90D beweisen.