Abgefahren - 16 Jahre Weltreise

Der besondere Buchtipp!

Dieses Buch möchte die Redaktion ganz besonders ans Herz legen. Es ist der authentische Bericht von zwei Menschen, die für zehn Monate verreisen wollten und nach 16 (sechzehn) Jahren wiedergekommen sind.

"Abgefahren" erinnert an Ted Simons „Jupiters Fahrt“, ein Buch mit dem in den 80ern für viele das bewusste Reisen begann. 'Der Weg ist das Ziel' ist eine Botschaft, die viele Weltreisende ergriffen hat. Die AutorInnen heißen Claudia Metz und Klaus Schubert. Sie waren wirklich auf zwei, damals nagelneuen, Yamaha XT 500 unterwegs. Sie fuhren ab mit der Perspektive, innerhalb von wenigen Monaten in Japan anzukommen und wieder zurückzukehren. Damals waren sie 20 und 23 Jahre alt.

"Abgefahren" ist anders, als die schlappen Reiseveröffentlichungen von hochgerüsteten ‚Adventure-Typen’.

Bei ihrer nicht ganz planmäßigen Wiederkehr 1997 schauten ihnen im Spiegel 36- und 39-jährige Gesichter entgegen - es waren ihre eigenen. Was sich in der Zwischenzeit bei ihrer Weltumrundung (oder doch lieber Kreuz- und Querung?) abgespielt hat, kann man, stark gerafft, im Buch nachlesen. Vielleicht ist es nur Band eins einer unendlich erscheinenden Geschichte. Kennt jemand von euch vielleicht einige Bildreportagen, welche die beiden von unterwegs an einige einheimische Motorradmagazine schickten? Ein Titelbild, dass einst den ‚Tourenfahrer’ schmückte, taucht auch auf dem Bucheinband auf. Darauf sind zwei XT’s zu sehen, die als eine Art Katamaran zusammengebunden mit dem Wind segeln.

Es scheint schier unglaublich, wenn man in den Einband dieses Buches schaut und sieht, auf welch vielerlei Art und Weise die beiden ihre Routen zurückgelegt haben. Da wurden hunderte Kilometer ‚amphibisch’ oder per 'Straßensegler’ zurückgelegt. Liest man die einsprechenden Passagen im Buch, so bemerkt man, dass tatsächlich alle diese Strecken mit dem Motorrad zurückgelegt wurden. ‚Amphibisch’ im Amazonasgebiet, wo die Motorräder auf Flöße montiert wurden, in Patagonien wurde mit dem ‚XT–Straßensegler’ viele hundert Kilometer zurückgelegt. Kurz, die Story ist einfach lesenswert, weil sie einzigartig ist. Dazu tritt sie den Beweis an, das Jeder und Jede zu schriftstellerischen Leistungen fähig ist, wenn man nur genug erlebt hat.

Claudia Metz und Klaus Schubert sind auf ihrer Reise ein paar ganz abgefahrene Typen geworden. Ihre Geschichte mutet schier unglaublich an. Neben den Fotos von einmaligen Gegenden hat mich besonders eines berührt. Es ist das Foto von der Abfahrt 1981. Darauf sind zwei unglaublich alte XT 500 samt den beiden Protagonisten zu sehen. Es ist alles aufgerödelt, alles im vollen Touren-Trimm. Sie tragen (aus heutiger Sicht) schon fast antike Nava-Helme und klassisches Harro (?)-Leder. Daneben steht – unverkennbar – die Mutter, gekleidet in Trachtenstrickjacke und langem Kleid. Kann eine Abfahrtszene authentischer sein? Die gewöhnliche Reisereportage von heute scheint immer nur möglich mit Komplettausrüstung und High-Tech-Bikes. Dieses Bild und das erlebte Abenteuer führt das alles ad Absurdum.

Der 320-Seiten Titel gibt es nun auch als Paperback für 11,95 EUR. Der Tipp lautet: kaufen, leihen, lesen und den beiden ihr Honorar aus dem Erlös gönnen – oder selbst die Koffer packen!

P.S.: An den XT war bei deren Rückkehr (die beiden kamen auf einem XT-Floß auf dem Rhein wieder in Köln an, mit Kilometerstand 257 000 km) nur noch wenige unwichtige Teile original, der TÜV war seit 14 Jahren abgelaufen ...

Nachtrag

Klaus Schubert und Claudia Metz machten eine Zeit lang mit Diashows auf sich aufmerksam bis sie schließlich mit ihren Kindern nach Argentinien ausgewandert sind. Sie wohnen in Bolson/Patagonien und betreiben eine Lodge für Reisende. Ihr Buch wurde auf Englisch übersetzt. Weitere Infos findet ihr auf ihrer Webseite. Doch auch da ist es seit 2008 recht still geworden.
M.G.

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