Test Nikon D780
Lange hat man auf den Nachfolger des 2014 erschienenen Erfolgsmodells Nikon D750 warten müssen, im Januar 2020 war es dann so weit. Die Neuerungen muten konservativ an, tatsächlich bekam die D780 aber viele Features der spiegellosen Nikon Z-Serie spendiert. Der Spagat scheint gelungen, auch wenn zwei wesentliche Dinge auf der Strecke blieben: Der ehemals eingebaute Aufhellblitz sowie Motivprogramme (Szene) gibt es nicht mehr, wir an der D750. Dafür wurden die AF-Fähigkeiten weit ausgebaut, die Lichtempfindlichkeit des immer noch 24,5 Megapixel abbildenden CMOS Sensor wurde verbessert. Den Rest machen Objektive, das wissen Fotografen.
Im Test hatten wir bereits Nikon D500 (DX), D850, D750, D610 und D800. Im Reigen derer lässt sich feststellen, dass die D780 z.B. im Vergleich zur schwer anmutenden D800 150 g leichter geworden ist.
Teststellung: D780, SB-500 BLITZGERÄT, AF-S DX 12-24/4G IF-ED, AF-S 16-35mm f1:4G ED VR, AF-P 70-300 mm f1:4,5-5,6E ED VR
Und dass, obwohl die Kameras seit der D750 ein klappbares, hochauflösendes Display erhalten haben. Im Vergleich zu Canon kann hier tatsächlich nur geschwenkt werden. Eine Drehung des Monitors, so dass er von der Objektivseite eingesehen werden kann, ist nicht möglich.
Im Vergleich zu den älteren Nikon FX Vollformatern hat sich das Bedienlayout geringfügig geändert. Während die D800 noch Tasten für die wichtigsten Funktionen besitzt, gibt es an der D780 ein gesichertes, gut rastendes Wahlrad für Programme und Betriebsarten. Am Wahlrad finden wir zwar noch die ‚Effekte‘, Motivprogramme oder ‚ohne Blitz‘ sind aber verschwunden. Die Nikon-spezifischen Tasten und Knöpfe sind über den Body verteilt und dort angeordnet, wo sie Sinn machen. Schön finden wir das am Auslöser auch der Anschalter und der Beleuchtungsschalter verbaut ist. Die rückwärtigen Knöpfe sind aber leider nicht beleuchtet, wie z. B. bei der D500.
LGKS, D780 bearbeitet mit Snapseed
Nikon hat ein Gehäuse aus viel Metall und ein wenig Kunststoffen klassen-üblich konzipiert und es gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, das ist wichtig für den Transport auf dem Motorrad und im Tankrucksack.
Seit einiger Zeit haben sich die Anschlüsse auf der Vorderseite für Blitz und Fernauslöser geändert: Wer nun Fernauslösen will, braucht bei Nikon ein eckiges, statt das Fernauslösekabel mit rundem Layout, das mit dem Fernauslöser verbunden werden muss. Die Schnittstelle liegt nun seitlich und ist eine rechteckige Multifunktionsbuchse. Sie kann per Funkfernbedienung angesteuert werden, die Kamera besitzt aber auch WLAN und BT, die besonders bei der Snapbridge-Software eine innige Verbindung eingehen.
Von großem Vorteil ist das brillante LV-Display für die Studio- und Action-Fotografie. Gesichts- und Augentracking wurden in den letzten Jahren erst wegen verbesserter AF- und Belichtungsmessung möglich. Ständig gibt es dazu weitere Updates, die bei vielen Nikon Kameras per Firmwareupdate nachgerüstet werden. Das Display bietet weiter viele Einblendmöglichkeiten von Wasserwaage, Kamerawinkel oder 3D-Trapez. Auch Überbelichtungswarnungen, etc. Geben dem Porträtfotografen eine Menge Hilfestellung für ein gelungenes Bild. Die LV Anzeige kann zu erhöhten Temperaturen in der Kamera sorgen, daher sollte man sie nur einschalten, wenn man sie auch wirklich benötigt.
Für die Motorradfotografie eignet sich der Live-View-Hybrid Autofokus (Kontrast-AF, Phasen-Detektion) besonders für bewegte Motorräder und Selbstauslöser-Aufnahmen. Im richtig konfigurierten AF-C Modus wird quasi immer treffsicher auf das fahrende Motorrad scharf gestellt. Praktisch auch das AF-Tracking (gelbes wanderndes Quadrat im AF-C Modus) oder der Touch-Auslöser nach Scharfstellung. Das sind Welten verglichen mit den Fokussiermöglichkeiten von D750 oder D800. Ein Plus bedeuten diese Verbesserungen auch für Makrofotografen. Doch auch der optische Sucher ist nun das Alleinstellungsmerkmal der DSLR-Fotografie und für einige Fotografen nicht wegzudenken: Wenn es unglaublich hell ist draußen, wenn die Batterien schlapp sind, wenn man klassisch fotografieren möchte.
Foto: D780, ISO 100, 66mm Zoom, f:6,3, 1/1250s
Die Beurteilungen der Bildqualität? Da hängt alles von allem ab: ob man RAW (NEF) fotografiert, welche Objektive man verwendet. Bei den heute üblichen 24-MP-CMOS BSI Sensoren offenbaren oft nur das Datenblatt oder die Labortests die feinen Unterschiede, das können andere besser analysieren.
Tatsächlich ist Dynamik, Schärfe und Brillanz, aber vor allem die Lichtempfindlichkeit gegenüber der D750 nochmals verbessert worden. Sehen tut man das aber nur, wenn alle vergleichbaren Faktoren übereinstimmen. Viel besser ist aber einfach die Belichtung bei hohen Kontrasten, einem großen Problemfeld der digitalen Fotografie. Das kann die D780 wegen ihrer verbesserten RGB Matrix-Messung besser als eine alte D800. Im Low-Light Bereich sind vielleicht die Topmodell und die D500 vielleicht noch besser unterwegs. Bei der Anmutung der Bilder gibt es immer noch Herstellerspezifische Unterschiede z. B. beim Weißabgleich. Die Unterschiede zu den Sony Alpha Kameras sie sind aber geringer geworden, es wird auch oft gemunkelt, das Nikon Sony CMOS-Sensoren verwendet, vermutlich auch den gleichen der Nikon Z 6 (hier ein Vergleich).
BSI Sensoren (Backside Illumination) bieten ein besseres Rauschverhalten und aufgrund ihrer Architektur eine höhere Lichtempfindlichkeit. In schwierigen Bildsituationen mit hohen Kontrasten liegen ebenfalls Welten zwischen den Möglichkeiten einer D800 und einer D780: Die D780 glänzt durch ihre Kombination aus Autofokus und Belichtungsmessung (ähnlich der Canon DualPixel-Technik): 273 auf dem Bildsensor integrierte Phasen-AF-Sensoren decken einen Bereich von 90 Prozent des Bildfelds ab und werden im Suchermodus durch 51 mittige Phasen-Messfelder ergänzt. Als Belichtungsmesser dient eine Matrix aus 180.000 farbempfindlichen RGB-Messpunkten. Erst dadurch wird es möglich, Gesichter und Augen zu erkennen und darauf scharfzustellen. Das gelingt fast so gut, wie bei der spiegellosen Z6 Vollformatkamera von Nikon.
Mit schnellen 12 Bildern pro Sekunde (D750: 6,5) auch der Speicher kommt da mit, bei schneller Bildfolge mit bis zu 43 Bildern (RAW: 35), das Nadelöhr ist die Speicherkartentechnik. Hier baut man bei der D750 auf zwei UHS-II-SD-Speicherkarten. Einer der Hauptkritikpunkte an der D750 war der geringe Pufferspeicher bei Serienaufnahmen, das Problem dürfte abgestellt sein.
Die D780 verfügt über ein Programm für Focus Stacking (mehrere Bilder werden mit Stativ per Fokusverlagerung nachträglich zu einem superscharfen Bild zusammengefügt. Das hat Reize bei Landschaft, aber auch bei der Makrofotografie. Nikon bietet eine Menge Zubehör zum Digitalisieren von Dias.
Sucherbild der D750. Das der D780 ist sehr ähnlich
Resümee
Mit der D780 hat man eine hoch entwickelte Nachfolgerin der D750 in der Hand. Schade, dass Blitz und Szenenprogramme fehlen, in allen anderen Punkten hat die Kamera einfach nur zugelegt: Bei der Akkureichweite, der Bildqualität, dem treffsicheren AF. Die D750 gehört damit noch nicht zum alten Eisen und ist immer noch ein guter Gebraucht-Tipp. Von der Preisstellung sind die (hoch angesetzten) Gehäusepreise der neuen schon auf ein erträgliches Maß gesunken. Wie so viele DSLR der letzten Generation gelingt der D780 das aufrüsten vieler Features der Spiegellosen Kameras. Einzig ein im Gehäuse eingebauter Bildstabilisator scheint nicht machbar zu sein.
So ist die D780 eine gute Möglichkeit für ambitionierte Vollformat Fotografen ihre Ausrüstung zu verbessern.
- Rasante Bildrate
- ‚Tilting Touch Screen‘ mit 2,36 Millionen Bildpunkten
- 4k Movie
- Hervorragend heller Sucher
- Dual Card Slots für UHS-II-SD-Speicherkarten
- On-sensor phase-detection
- Über 2200 Bilder pro Akkuladung (EN-EL15b mit 14 Wh)
- Ladbar über USB
- Tolle Snapbridge Fernsteuerung und Export für Smartgeräte
- Preisentwicklung Gehäuse: von 2500 auf 1950 (2020)
- 1/8000 s bis 900s Belichtungszeit (mit elektronischem Verschluss)
- große Auswahl an Zubehör und Objektiven
- Kein sensorbasierter Stabilisator (IBIS)
- Kein schwenkbarer Screen, kein Multikontroller-Jog
- Kein eingebauter Blitz
- Kein 'Kein-Blitz-Programm', sowie die Motivprogramme (Szene), außer automatische
- AusführlicherTest D780 Gunther Wegner
- Rückblick: Die D780 als Nachfolgerin der legendären D750
Vergleich
Nikon D750 |
Nikon D800/D810 |
Nikon D780 |
|
Auflösung |
24 |
36 |
24,5 |
Anzahl AF-Felder |
51 |
51 |
51, 273 Phasen-AF auf Sensor |
Motivprogramme |
16+ Effekte und Standards |
nein |
keine |
WiFi |
ja |
Zubehör |
Ja, Fernsteuerungs-App |
GPS |
Zubehör |
Zubehör |
ja |
Eingebauter Blitz |
Ja, LZ 12 |
Ja, LZ 12 |
Nein |
Krit. ISO Wert |
12800 oder mehr |
6400 |
52100 |
Kartenspeicher |
2x SD |
SD/CompactFlash |
2 SD Karten |
Serienbildrate |
6,5 |
4, 6 mit Batt-Griff |
12 |
Straßenpreis [2/2015] |
1400€ (2020) |
2200 €/3000 € damals |
2000-2400€ |