Deutschland via Motorrad
Meisterhafte Reportagen und Bilder vom "Abenteuer Alltag"
Nach „Europa via Motorrad“ ist nun „Deutschland via Motorrad“ erschienen und, wie es scheint, als gelungene Mischung. Klaus H. Daams präsentiert hier einen neuen gelungenen Sampler bestehend aus 20 außergewöhnlichen Touren durch Deutschland. Keine typischen Bikergeschichten, sondern gute Reportagen im klassischen Sinne übermitteln den LeserInnen einen Hauch vom „Abenteuer Alltag“.Zahlreiche Reportagefotos leben vom Zauber des Moments, nicht von Motorrädern, die gerade durch das Bild fahren. Der Leser bekommt das Gefühl, den Alltag fremder Menschen in Deutschland hautnah zu erleben. Das Motorrad dient dazu als perfektes Vehikel, als Bindeglied und Kommunikator.
Da fährt zum Beispiel Rolf Henniges mit einer kleinen MZ durch ganz Deutschland, mit nur zwei Euro in der Tasche. „Kein Geld, arbeite gegen Essen, Trinken, Schlafen, Tanken“ steht auf seinem Koffer geschrieben. Eine einfach brillante Reportage die auf Abwegen zwischen Aachen und Zschopau führt. Eine andere ausführliche Geschichte führt entführt an die Ex-DDR Grenze. Die Autoren fuhren immer möglichst nah am alten Kontrollpfad, dem Plattenweg, der ‚Todesstreifen’ genannt wurde entlang. Dort begegnen sie jungen und alten Menschen, die skurrile und ‚grenzwertige’ Erlebnisse erzählen. Aber – es geht hier keineswegs nur um Ostalgie. Schichtwechsel im Ruhrgebiet mit vielen Stoppovers an den einschlägigen Kiosken kommen hier eben so vor wie eine Schwarz-Weiß Fotografie-Begegnung mit christlichen Rockern und alten Omis. Alt eingesessene MZ-Fahrer (aus Überzeugung) kommen ebenso zu Wort und Bild, wie es auch Storys über Schwarzwald, Münsterland, Harz oder einer Fahrt am Rhein entlang und durch das Kraichgau gibt. Themenreisen führen in deutsche Freizeitparks, auf Weihnachtsmärkte oder auf die „deutschen Route 66“, die B 66, die von Barntrup nach Bielefeld führt.
Alle Reportagen sind ausgesuchte Meisterstücke der Autoren. Sie sind mit reportagewürdigen Bildern und unterschiedlichem Layouts in das 226 Seiten starke Buch eingefügt. Die hochwertige Aufmachung in gebundener Ausführung rechtfertigt den Preis von 29,90 EUR.
Im Anhang finden sich Routenskizzen und eine Art Steckbrief mit Adressen, Literatur, Treffpunkten und Übernachtungsempfehlungen.
Das Fazit von Rolf Henniges 2-Euro Tour: „Die Hilfsbereitschaft in Deutschland ist groß. Das es tendenziell im Osten einfacher war als im Westen Jobs zu finden, lag vermutlich am Fragesteller, der zunehmend routinierter wurde. Trotzdem ist es ein Irrglaube, Arbeitslosigkeit existiere nur in den Statistiken. Die vorliegende Reise beweist lediglich, dass viele Menschen trotz Materialismus, gesellschaftlicher Abkapselung und persönlichem Desaster offen sind für Begegnungen. Es ist heute immer noch möglich, wie das fahrende Volk in früheren Epochen zu reisen. …“
M.G.
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