Reinblei und Lithium Eisen Phosphat Batterien
Der Batterietod kommt plötzlich und regelmäßig. Mit verbesserten Batterietechniken kann man ihn schon jetzt herauszögern. Wir haben uns eine Winter- und eine Sommerbatterie genauer angeschaut.
Im MR Test:
Eurobatterietechnik.de (Odyssey Reinblei-Batterien)
Lithiumpowerbloc.de (Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren)
2016: Neue Gerneration von Starter-Batterien von Shido, Panther und JMT im MR-Test
Es gibt sie schon länger: Batterien, die auch bei wenig Pflege länger halten. Weil sie etwas teurer sind, haben sie sich noch nicht durchgesetzt. Die Rede ist von Reinblei- und LiFePo4-Batterien. Erstere sind etwas schwerer, letztere leichter, benötigen aber auf lange Sicht ein spezielles Ladegerät. Von der Motorradelektronik werden hingegen beide erkannt und können einfach eingebaut werden. Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LiFePo4) sind etwas anfälliger gegen Frost, arbeiten aber noch, wenn sie relativ weit entladen sind. Auch die zu befürchtende Explosionsgefahr bei Fehlbehandlung, wie bei Lithium-Ionen-Akkus, trifft auf Sie nicht zu. Zu diesem Typ Akku wird jeder greifen, der bei einem sportlichen Motorrad einfach das Gewicht reduzieren möchte. Aber auch bei Odyssey-Reinblei-Akkus (mit AGM-Vlies-Technik) kann wegen der höheren Energiedichte die Batterie-Kapazität und damit die Größe gegenüber dem Original reduziert werden.
Die Typen im Einzelnen:
LiFePo4 Batterien von Lithiumpowerbloc
Diese Starterbatterien sind leicht, hoch in der Energiedichte und mit dem richtigen Gerät schnelladefähig. Der Nachteil: Bei Kälte steigt der Innenwiderstand und die Kapazität sinkt enorm. Kommt die Batterie wieder ins Warme, ist sie wieder voll da. Wegen des Energiedichte-Vorteils kann die Kapazität des Lithiumpowerblocs rund um die Hälfte oder gar zwei Drittel kleiner gewählt werden, als das Original. Längerer Nichtgebrauch (Winterpause) ist der Batterie wegen nur 1 % Selbstentladung überwiegend egal. Mit entsprechendem (Spezial-)Ladegerät (nach unserer Meinung nicht zwingend erforderlich) ist der Lithium-Eisenphosphat-Akku schnell wieder auf 100 %. Wie allerdings die Bordelektronik mit dem guten Stück umgeht, können wir noch nicht beurteilen. Allgemein müssen externe Verbraucher (GPS) mit der etwas höheren Spannung umgehen können. Unsere Heizgriffe funktionierten nur bei Minusgraden an der F 800 GS nicht mehr so gut. Das könnte folgende Bewandnis haben:
Bei Testfahren knapp unter Null Grad hat man z. B. an einer CAN-Bus F 800 GS nur wenige Startversuche, weil die Batterie stark an Starterstrom verloren hat. Die Heizgriffe funktionierten zuerst fast gar nicht und dann nicht sehr zufriedenstellend: Weniger Temperatur auf der Gasgriffseite, vermutlich wegen mehr Isolierung und zweitens insgesamt schlechter, vermutlich auch wegen der Batterie-Ladekurve, die bei niederigen Drehzahlen, also im Stand, mehr lädt, als in Fahrt. Das wäre ein Indiz dafür, dass die Batterie als Pufferspeicher benutzt wird. Nur, eine Kälte-anfällige Batterie, die auch in auch aus Gewichtsgründen in ihrer Ladeleistung (Amperestunden) reduziert ist, wie viele leichte LiFePo4-Batterien, haben dann mit Kälte mehr zu kämpfen, als eine originale MF- oder AGM-Batterie, auf welche die Ladekurve der Lichtmaschine ab Werk auch genauer abgestimmt ist (auf diesen Faux-Pas macht uns Leser Reeg, siehe Kommentare, kürzlich aufmerksam).
Lithium-Akku-Technologien brauchen beim Laden eine andere Kennlinie als Bleiakkus. LiFePo4 arbeitet wiederum mit einer abweichenden Zellspannung von 3,2 V bis 3,6 V (4 Zellen ∑ 14,4 V = Ladespannung). Mit diesem Spannungsbereich sind LiFePo-Zellen robust gegen Überladung, weswegen auch keine Probleme seitens der unterschiedlichen Motorradlichtmaschinen zu erwarten sind.
Die Experten von Kunzer.de meinen dazu, dass beim Laden eines solchen Akku-Typs entweder eine Batterie-interne Elektronik (Lademanager oder Balancer) nötig ist, oder eben das (externe) Ladegerät dafür Sorge tragen muss, dass bei der Ladung jede Zelle genug Strom abbekommt – das sei wichtig für das Batterieleben. Zur Verfügung stehen derzeit einige spezielle Ladegeräte, eines von CTEK (Vertrieb Kunzer) und eines von TecMate/Optimate. Herr Harder von Kunzer.de sagt uns, dass LiFePo4-Batterien auch mit ‚normalen‘ CTEK- Ladegeräten zu laden seien, dafür übernehme man aber keinerlei Gewährleistung.
Zur Selbstentladung und zum Fahren bei besserem Wetter setzen wir den Test im Frühjahr fort und werden an dieser Stelle berichten. Bei minus 5°C (draußen geparkt) hatten wir nur 4 kurze Startversuche (Stichwort Kaltstartstrom CCA[1]), bis die Batterie in die Knie ging. Bis zu 40 % Kapazitätsverlust sind beim Sinken der Außentemperatur auf -10°C auch bei anderen Batterietypen normal.
Anmerkung: Lithiumpowerbloc Batterie zwischen 2013 bis 2019 noch okay! Auch wenn sie wegen Standzeiten 2x von null auf voll geladen werden musste, macht sie bisher 6 Jahre gut mit.
Stichwort Energiedichte:
Bleiakkumulator | 30 Wh/kg |
Lithium-Eisen-Phosphat-Akkumulator | 90 Wh/kg |
Li-Ionen Akku | 120-210 Wh/kg |
Vorteile LiFePo4
- Hohe Gewichtsersparnis (11Ah= 2,6kg)
- Geringe Selbstentladung (1 % pro Monat, aber geringere Kapazität (Ah)
- Hohe Energiedichte
- Lange prognostizierte Haltbarkeit
- Alle Einbaulagen möglich
- Hohe Zyklenfestigkeit
Nachteile LiFePo4
- Bedingte Wintertauglichkeit, nur 4 Startversuche bei -5°C (okay bei Garagenfahrzeug)
- Heizgriffe funktionieren schlechter, besonders nach Kaltstart
- Hoher Preis
Typ | Säure-Blei | Gel | AGM (MF) | LiFePo4 | Odyssey Reinblei |
Haltbarkeit gefüllt | 3 Monate | 12 Monate | 6 - 7 Monate | 1 - 2 Jahre? | 2 Jahre |
Tiefentladbar auf ca. | 65 % | 20 % | 40-45 % | 20 % | ca. 20 % |
Lebensdauer | 3 - 4 Jahre | 5 - 6 Jahre | 6 - 7 Jahre | 8 - 10 Jahre | 8 Jahre |
Odyssey PC 310:
Hawker Odyssey Reinblei-Batterien von Eurobatterietechnik
Zahlreiche Erfahrungsberichte liegen bereits vor, in Foren wird von einer Lebensdauer um die 8 Jahre, auch im Motorradbetrieb, berichtet. Das macht neugierig zu schauen, wie sich eine Reinbleibatterie im Alltag schlägt. Die Technik ist der von MF/AGM- oder Blei-Säure-Batterien nicht unähnlich, nur deren Effizienz ist höher. Reinbleibatterien haben einen geringeren Innenwiderstand und eine um bis zu 80 % höhere Energiedichte. Sie punkten bei niedrigen Temperaturen, wenn andere längst aufgegeben haben. Die Dünnplattentechnik (15 % mehr Oberfläche) ist schneller ladbar und mit manchen Ladegeräten innerhalb einer Stunde sogar auf über 95 % der Kapazität. Laut Hersteller sollte die Batterie mit externen Ladegeräten allerdings auf 105 - 108 % der entnommenen Leistung geladen werden. Ab einem Wert von 12,2 V sollte unbedingt manuell nachgeladen werden. Je tiefer die Umgebungstemperatur bei der Lagerung, desto geringer ist die Selbstentladung.
Nachtrag: die 12,2V haben wir 2018 verpasst. Nach 6 Jahren ist die Odyssey nun nicht mehr zu beleben. Freunde berichten uns aber auch von 12 Jahren Haltbarkeit - vermutlich aber mit mehr Pflege.
Batteriezustand Odyssey abgelesen an der Spannung
Voltmesser-Ablesung |
Ladezustand |
12,84 V |
100 % |
12,48 V |
75 % |
12,21 V |
50 % |
11,85 V |
25 % |
Die Hawker Odyssey kann auch in beliebiger Lage eingebaut werden. Wir hatten die kleinste im Test (PC 310). Zu beachten gibt es aber folgendes (Odyssey PC 310 mit 8 Ah, 5,9 kg):
- Mit Ladegeräten sollten die Batterie immer voll aufladen werden: auf 12,84 V mit einem Hawker-Ladegeräte oder mit welchen, die mit leicht erhöhter Spannung (14,7 V) arbeiten und nur einen geringen Wechselstromanteil haben.
- Laut Eurobatterietechnik sollte der Laderegler des Motorrades überwiegend mit einer Spannung von 14,5 Volt laden, damit die Batterie auch richtig voll wird (nachmessen!).
- Die Batterie ist wegen der Belastbarkeit und geringen Selbstentladung ein Tipp für Winterfahrer.
- Kein plötzliches Versagen am Ende der Lebensdauer, parasitäre Entladeströme im Stand sollten langfristig (bei allen Batterietypen) vermieden werden.
Nachteile Reinblei
- Tiefentladungen sollten vermieden werden, weil sie das Leben der Odyssey schnell verkürzen würden. Zum Überwintern die Batterie immer voll laden.
- Hohes Gewicht / noch moderater Preis
Fazit: Wir empfehlen die Odyssey Reinbleibatterien für Fahrzeuge mit wenig Elektronik und für den Winterbetrieb. Die LiFePo4 Akkus von Lithiumpowerbloc sind für Umbauten, Sportmotorräder und vor allem dann geeignet, wenn Gewichtsersparnis gefordert ist und nicht unbedingt bei Minusgraden gefahren wird.
- Auch interessant: von MR getestete Ladegeräte
[1] Der Kaltstartstrom gibt den maximalen Strom an, den die Batterie bei −18 °C (0 °F) für eine Dauer von 30 Sekunden liefern kann. Dabei weist jede einzelne Zelle noch eine Spannung von 1,2 Volt auf (nach amerikanischer Norm SAE). Nach dem deutschen Institut für Normung (DIN) sollte die Gesamtspannung nach 30 Sekunden noch 9 Volt betragen (Wiki).
Anmerkungen, Kommentare, Kritik?
Kommentar von Hansjörg Reeg |
Se schreiben zur LiFePO4-Batterie: Heizgriffe funktionieren nur ab +5°C!
Woher weiss die Batterie, dass es sich bei dem Verbraucher um Heizgriffe handelte?
Sie kann es nicht wissen - also ist sie nicht direkt der Verursacher des Effekts.
Wieso funktionierte der Scheinwerfer (Fahrlicht) noch, und vermutlich auch alle anderen Leuchten auch? Ich kenne die Schaltung der Heizgriffe einer BMW nicht, es dürfte sich aber hier um eine Problem dieses Herstellers, nicht der LiFePO4-Batterie handeln. An meiner Moto Guzzi mit Oxford-Heizgriffen und LiFePO4-Akku habe ich warme Hände auch noch bei 0°C.
Wenn meine Vermutung zutrifft: Sie sollten Konzeptfehler eines bestimmten Fabrikats nicht dazu nutzen, einen bestimmten pauschal Batterietyp abzuwerten.
Antwort von Markus Golletz
Hallo Herr Reeg,
Sie haben in einer Hinsicht völlig Recht: Wir sind keine Elektronik-Schaltungs-Experten. Leider scheint das Problem in der Szene aber bekannt zu sein, denn die nächste LiFePo4 Generattion, über die wir in Kürze schreiben, soll dieses Problem nicht mehr haben. Und: mit der serienmäßigen AGM Batterie tritt dieses Problem nicht auf. Damit möchte ich den Ball wenigstens für's erste wieder zurückspielen: Die Batteriehersteller müssen sich Gedanken machen, ob sie leichtere Batterien mit weniger Kapazität (Amperestunden) auch für Winterfahrer empfehlen können. Das tun sie leider nicht. Siehe auch hier, Tipps von Shido.
Nach einer weiteren Testfahrt (endlich wieder unter Null Grad!) habe ich noch einmal über Ihr Statement nachgedacht.
Klar kann die Elektronik nicht wissen, um welchen Verbraucher es sich handelt. Und der Effekt tritt auch etwas anders auf, als beschrieben. Bei der Fahrt um Null Gard hat man auf einer F 800 GS nur wenige Startversuche, weil die Batterie stark an Starterstrom verloren hat. Die Heizgriffe funktionieren erst fast gar nicht und dann, wie man es oft kennt. Auf der Gasgriffseite, wegen mehr Isolierung, weniger und dann – ich vermute entsprechend der Ladekurve – oft (und unsinnigerweise) im Stillstand und bei niedrigen Drehzahlen – besser, als wenn man in Fahrt ist.
Ich komme zu dem Ergebnis, das die Batterie da oft als Pufferspeicher benutzt werden muss. Und eine in den Amperestunden verringerte LiFePO4 Batterie hat dann mehr zu kämpfen als eine Originale MF oder AGM Batterie, auf die der Ladezyklus verständlicherweise ab Werk auch treffender programmiert ist.
Nette Grüße,
Markus Golletz
Kommentar von Lars Klauer |
Ihr habt die Odyssey-Batterien (Hawker) getestet und geschrieben die Batterie (Typ PC310) würde 5,9kg wiegen. Da auf allen Seiten wo es die PC310 zu kaufen gibt behauptet wird, sie würde 2,7kg wiegen hat mir das keine Ruhe gelassen. Habe jetzt auch ein Datenblatt gefunden und daraus geht hervor das Ihr die PC370 gehabt haben müsst. Denn nur die wiegt 5,9kg, ist aber eben nicht die kleinste im Hawker-Programm.
Datenblatt bei/von Eurobatterietechnik:
http://www.eurobatterietechnik.de/fileadmin/downloads/produkte/enersys/Odyssey%201.pdf
Alles in allem ist mir das Gewicht von 2,7kg jetzt auch schlüssig. Dünnere Bleiplatten ergeben eine Vielzahl von Platten, wodurch man letztlich auf höhere Startströme bei gleichem Gewicht ggü. einer herkömmlichen Nassbaterie kommt. Mal alles ganz vereinfacht ausgedrückt.
Sie wiegt also nur soviel wie eine übliche Blei-Säure, bei deutlich erhöhter Lebenserwartung usw.
Ich werde sie wohl mal testen, die PC310 in meiner "neuen" Teneré 660Z.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Klauer